roman haubenstock-ramati
nachruf (4. März 1994)
Das Festkonzert zu seinem 75. Geburtstag, das im Konzerthaus in der Vorwoche stattfand, war die letzte, tiefe Freude des Komponisten.
Während der letzten Jahre hat er erleben dürfen, daß eine engagierte junge Interpretengeneration sich in seine Welten hineinzuleben begann, seine Träume weiterträumte und so endlich glaubhaft zum Klingen brachte, was noch ein Jahrzehnt zuvor Gelächter oder - im besten Fall stumme Verständnislosigkeit geerntet hatte.
Das war Roman Haubenstock-Ramatis, des stillen, in sich verschlossenen Mannes, Schicksal: Der lauteste Widerspruch traf ihn 1966 in Berlin, als seine Kafka-Oper »Amerika«, in einem Buh-Orkan unterging und abgesetzt werden mußte. Nicht viel besser erging es seinem von Rudolf Nurejew getanzten »Ulisses« in den siebziger Jahren in Wien.
Am wenigsten laut, aber vielleicht am schmerzlichsten waren für den Komponisten freilich jene kaum merklichen, dafür umso präziser ihr Gift verteilenden Reaktionen von Musikern, die angehalten waren, sich mit seinen eigenwilligen Notationsformen zu beschäftigen, um seine wirklich neue, auch im Vergleich zu anderen Avantgardisten fremdartige Musik zu realisieren. Spott, aus Ignoranz geboren und hinter vorgehaltener Hand artikuliert, muß für Haubenstock, der ein Leben lang von leisen Regungen gesungen hat, von der überwältigenden Wirkung kleinster Veränderungen, das niederschmetterndste Urteil bedeutet haben.
Man hat ihm nie etwas angemerkt.
Er hat sich zurückgezogen.
Er hat kein Intrigennetz gesponnen, auch dann nicht, als er - im Verlagswesen, als Hochschullehrer - prägende Funktionen inne hatte.
Entsprechend spät fand er jene Anerkennung, die ihm zustand.
Als einer von ganz wenigen hat er jenseits von allen modischen Strömungen an eine zeitgenössische Musik geglaubt, die der Kunst tatsächlich Unerhörtes, wirklich Neues vermitteln konnte, die sich nicht im Wiederkäuen von schon Gesagtem erschöpft; wäre dieses auch erst zwei Jahrzehnte alt.
Auf seiner abenteuerlichgrausigen Flucht, die ihn zuerst vor dem Terror der Nationalsozialisten, später vor dem Stalins mittel-und hoffnungslos bis in orientalische Gefilde getrieben hatte, schärfte sich seine Sensibilität. Bald war er einer, der jedem Ton neue Dimensionen ablauschte und versuchte, diese neue Räumlichkeit, die Möglichkeit, alles auf vielerlei Weise zu betrachten und zu entwickeln, in seine musikalische Sprache umzusetzen.
Diesen Traum vom auf viele Ebenen verteilten, multisensualistischen Kunstwerk, den er im Kleinen (»Mobile for Shakespeare«, Quartette) bis zum Großen (»Amerika«) in seiner eigens dafür entwickelten Schrift zu fixieren trachtete, hinterläßt er nun, um kommenden Generationen vielleicht Tore in neue Welten öffnen.
Denn seine Visionen sind noch lang nicht Wirklichkeit geworden.
Roman Haubenstock-Ramati war seiner Zeit voraus.
Aber seine Saat keimt.
So wird er uns zuwachsen.
Während der letzten Jahre hat er erleben dürfen, daß eine engagierte junge Interpretengeneration sich in seine Welten hineinzuleben begann, seine Träume weiterträumte und so endlich glaubhaft zum Klingen brachte, was noch ein Jahrzehnt zuvor Gelächter oder - im besten Fall stumme Verständnislosigkeit geerntet hatte.
Das war Roman Haubenstock-Ramatis, des stillen, in sich verschlossenen Mannes, Schicksal: Der lauteste Widerspruch traf ihn 1966 in Berlin, als seine Kafka-Oper »Amerika«, in einem Buh-Orkan unterging und abgesetzt werden mußte. Nicht viel besser erging es seinem von Rudolf Nurejew getanzten »Ulisses« in den siebziger Jahren in Wien.
Am wenigsten laut, aber vielleicht am schmerzlichsten waren für den Komponisten freilich jene kaum merklichen, dafür umso präziser ihr Gift verteilenden Reaktionen von Musikern, die angehalten waren, sich mit seinen eigenwilligen Notationsformen zu beschäftigen, um seine wirklich neue, auch im Vergleich zu anderen Avantgardisten fremdartige Musik zu realisieren. Spott, aus Ignoranz geboren und hinter vorgehaltener Hand artikuliert, muß für Haubenstock, der ein Leben lang von leisen Regungen gesungen hat, von der überwältigenden Wirkung kleinster Veränderungen, das niederschmetterndste Urteil bedeutet haben.
Man hat ihm nie etwas angemerkt.
Er hat sich zurückgezogen.
Er hat kein Intrigennetz gesponnen, auch dann nicht, als er - im Verlagswesen, als Hochschullehrer - prägende Funktionen inne hatte.
Entsprechend spät fand er jene Anerkennung, die ihm zustand.
Als einer von ganz wenigen hat er jenseits von allen modischen Strömungen an eine zeitgenössische Musik geglaubt, die der Kunst tatsächlich Unerhörtes, wirklich Neues vermitteln konnte, die sich nicht im Wiederkäuen von schon Gesagtem erschöpft; wäre dieses auch erst zwei Jahrzehnte alt.
Auf seiner abenteuerlichgrausigen Flucht, die ihn zuerst vor dem Terror der Nationalsozialisten, später vor dem Stalins mittel-und hoffnungslos bis in orientalische Gefilde getrieben hatte, schärfte sich seine Sensibilität. Bald war er einer, der jedem Ton neue Dimensionen ablauschte und versuchte, diese neue Räumlichkeit, die Möglichkeit, alles auf vielerlei Weise zu betrachten und zu entwickeln, in seine musikalische Sprache umzusetzen.
Diesen Traum vom auf viele Ebenen verteilten, multisensualistischen Kunstwerk, den er im Kleinen (»Mobile for Shakespeare«, Quartette) bis zum Großen (»Amerika«) in seiner eigens dafür entwickelten Schrift zu fixieren trachtete, hinterläßt er nun, um kommenden Generationen vielleicht Tore in neue Welten öffnen.
Denn seine Visionen sind noch lang nicht Wirklichkeit geworden.
Roman Haubenstock-Ramati war seiner Zeit voraus.
Aber seine Saat keimt.
So wird er uns zuwachsen.