Streichquartett Nr. 1
C-Dur 1938
Schostakowitschs erstes Quartett entstand nach der Katastrophe um die Vierte Symphonie und die Oper Lady Macbeth von Mzensk, die unter der Räder der sowjetischen Kulturpolitik gekommen waren. Der Komponist war gezwungen, einen leichter verständlichen Stil zu finden und konnte unter der Aufsicht der stalinistischen Kulturwächter persönliche Botschaften nur noch verklausuliert in seiner Musik transportieren.
Gerade die Gattung Streichquartett sollte bald zu einer Art Tagebuch für Schostakowitsch werden, in dem höchst subjektive Aussagen wieder möglich wurden. Doch das Erste Quartett stellt noch einen Versuch dar, sich im Sinne einer Klärung die klassische Form anzueignen. Es dauert nicht viel länger als eine Viertelstunde - nur das Qurtett Nr. 7 wird noch knapper gehalten sein.
Die vier kurzen Sätze stellen konzentrierte Neubildungen der altgewohnten Formschemata dar - etwa so, wie es Sergej Prokofieff in seiner Symphonie classique gehalten hatte. Der Eingangssatz ist ein Sonatensatz mit äußerst konzentrierte, knapper Durchführung. Das folgende Moderato stellt einen Variatinossatz dar, dessen volksliedartiges Thema von der Bratsche eineführt wird - die folgenden Variationen sind in drei Gruppen geteilt: melancholisch in Moll gehalten die ersten, dann zwei Variationen lang in hellerem Dur, wonach die Stimmung sich wieder trübt.
Durchaus doppelbödig dann die folgenden Sätze: Das Scherzo im entfernten cis-Moll, aber auch das Trio in Fis-Dur sind von äußerter Hektik und Unruhe getrieben, das Finale verdichtet sich im durchführungsartigen Mittelteil bedrohlich und führt zu einem Schluß, der typischer Schostakowitsch ist: Über der insistierend motorischen Bewegung in den tiefen Stimmen versuchen die beiden Geigen affirmativ in C-Dur abzukadenzieren - es gelingt zuletzt, doch ein etwas eigenwilliger Nachgeschmack bleibt zurück...
Schostakowitschs Streichquartette