Die »Préludes«

Erster Band

I. (... Danseuses de Delphes).
 Lent et grave

II. (... Voiles).


III. (... Le vent dans la plaine).
 Animé

IV. (... Les sons et les parfums tournent dans l'air du soir).
 Modéré

V. (... Les collines d'Anacapri).
 Très modéré / Vif

VI. (... Des pas sur la neige).
 Triste et lent

VII. (... Ce qu a vu le vent d'ouest).
 Animé et tumultueux

VIII. (... La fille aux cheveux de lin).
 Très calme et doucement expressif

IX. (... La sérénade interrompue).
 Modérément animé

X. (... La Cathédrale engloutie).
 Profondément calme (Dans une brume dûcement sonore)
XI. (... La danse de Puck).
 Capricieux et léger

XII. (... Minstrels).
 Modéré (Nerveux et avec humour)

Voiles

Daß sich impressionistische Stimmungsmalerei und konstruktive Formgebung in diesem Klavier-Zyklus die Waage halten, bestätigt der harmonisch raffinierte Aufbau dieses Préludes. Debussy umgibt einen pentatotischen, aus Tönen der es-Moll-Skala gebildeten Abschnitt

Tonvorrat es-Moll, pentatonisch

mit zwei Außenteilen, die durch eine simple melodische Rückung auf jede tonale Basis verzichten: Die Klänge basieren alle auf der Ganztonskala, die keine tonale Schwerpunkte erkennen läßt.

Tonvorrat Ganztonleiter


La fill aux cheveux de lin

Debussy hat sich hier von einem Gedicht von Charles-Marie Leconte de Lisle (1818-1894) und dessen Refrain
Die Liebe hat in der hellen Sommersonne
mit der Lerche gesungen.
inspirieren lassen.
Im blühenden Klee sitzend,
Wer singt seit dem frühen Morgen?
Es ist das Mädchen mit den flachsblonden Haaren,
Die Schöne mit den kirschroten Lippen.

Die Liebe...

Dein Mund hat göttliche Farben,
mein Liebes, er verführt zum Kuß.
Auf der blühenden Wiese möchtest du sprechen,
Mädchen langen Wimpern und zarten Locken?

Die Liebe...

Sag nicht Nein, grausames Mädchen!
Sag auch nicht Ja! So verstehe ich sie besser, den weiten Blick Deiner großen Augen,
das Rot Deiner Lippen, O meine Schöne.

Die Liebe...

Leb wohl, Damwild, lebt wohl, Hasen
und ihr Rothühner! Ich werde
das Blond Deiner Haare küssen
und das Purpurrot Deiner Lippen fühlen.
Die Musik ist von äußerster Schlichtheit.

»La fille aux cheveux de lin«

Die pentatonische Melodie wird durch ein hinzugefügtes F ganz klar nach Des-Dur gerückt, eine Tonart, die während des Stücks kaum verlassen wird.

Viermal zitiert Debussy die Eingangsmelodie, knapp und unverschnörkelt zunächst, dann melodisch weitergesponnen, dann einmal verkürzt und zuletzt um eine knappe Coda erweitert.
Die schlichteste Nummer der Serie der Préludes wurde höchs populär und ist unzählige Male bearbeitet worden.

La Cathédrale engloutie

»Die versunkene Kathedrale« inspiriert sich aus einer alten bretonischen Legende, derzufolge die Stadt Ys vor urdenklicher Zeit im Meer versank, weil die Bewohner sich nicht gottesfürchtig gezeigt hatten und die Königstochter ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen sein soll.

Fischer meinen zu Heiligen Zeiten die Glocken der Kathedrale läuten zu hören.

Debussy reflektiert in seinem Stück offenbar auch jene Passage der Erzählung, in der die Stadt - hier vielleicht lediglich die Kathedrale - aus den Fluten auftaucht und wieder versinkt. Die akkordische Fortissimo-Passage im Zentrum der Komposition läßt an Orgelklänge denken.



Zweiter Band

I. (... Brouillards).
 Modéré

I. (... Feuilles mortes).
 Lent et mélancolique

III. (... La Puerta del vino).
 Mouvement de "Habanera"

IV. (... "Les fees sont d'exquises danseuses").
 Rapide et léger

V. (... Bruyères).
 Calme

VI. (... General Lavine - excentric).
 Dans le style et le mouvement d'un Cake-Walk

VII. (... La terrasse des audiences du clair de lune).
 Lent

VIII. (... Ondine).
 Scherzando

IX. (... Hommage à S. Pickwick Esq. P.P.M.P.C).
 Grave

X. (... Canope).
 Très calme et doucement triste

XI. (... Les tierces alternées).
 Modérément animé

XII. (... Feux d'artifîce).
 Modérément animé

Eine einzige Skizze zum zweiten Band der Préludes hat sich erhalten. Auf einem Blatt mit einem Entwurf für die Nr. 1, Brouillards findet sich die Datumseintragung: »Dezembger 1911« Verleger Durand erhielt nach einigen kryptischen Andeutungen Debussys im Jahr 1912 die gesamte Sammlung Anfang 1913 und gab sie im April 1913 heraus.
Mehr noch als die Stücke des ersten Bandes wirken manche der Préludes wie Ahnungen orchestraler Klänge - hie und da notiert Debussy die Musik auch auf drei Notenlinien, um die Schichten deutlicher voneinander abzusetzen.

La puerta del vino

Das »Weintor« ist eine architektonische Sehenswürdigkeit der Alhambra in Granada. Es war eine Postkarte seines Kollegen Manuel de Falla, die Debussy zu diesem Stück inspiriert hat. Auf der pastellfarbigen Karte ist ein Teil des Weintors zu sehen.

Wie in seiner »Soire dans Grenade« aus den Estampes zieht sich auch in dieser zweiten Hommage, die Debussy dieser Stadt gewidmet hat, der charakteristische Rhythmus der »Habanera« durch das ganze Stück.

Doch hat die »Bildbeschreibung« in den Préludes eher statischen Charakter, ist von herben Harmonien durchzogen, die sich aus dissonanten Reibungen zwischen der frei schwebenden Oberstimme und dem durchwegs in Des-Dur verharrenden Baß-Rhythmus ergeben. Manche Kadenzwirkungen (mit erniedrigter zweiter Stufe) lassen an den Flamenco denken.

Général Lavine - excentric

Militärische Elemente erscheinen in diesem Stück nur in parodistischer Manier - vor allem in Gestalt des Fanfarenmotivs, das fast pausenlos präsent ist.

Tatsächlich handelt es sich bei »General Lavine« um einen Clown, der 1910 und 1912 Gastspiele in den Pariser »Follies Marigny« dessen groteske Darbeitung Debussy in ein ebenso groteskes Klavierstück verwandelt. Im Zentrum steht ein Ragtime - die Musik zu einem sogenannten »Cakewalk«, einem damals modischen Bühnentanz possenhaften Zuschnitts. Debusy hatte sich daran bereits in seinem Zyklus Childen's Corner versucht.

La terrasse des audiences du clair de lune

Einer der rätselhaftesten Titel der Sammlung, wobei es wenig zum Verständnis beiträgt, wenn man aus einem Brief Debussys an einen Freund erfährt, das Stück sei von einer Serie von Zeitungasartikeln inspiriert worden, die von der Reise des englischen Königs Georg V zur Krönung nach Indien berichteten. Debussy war gefesselt von der farbenreichen Schilderung der Feierlichkeiten und des indischen Lebens durch René Puaux, dessen Briefe aus Indien in Le Temps 1912 als Serie gedruckt wurden.





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