Pelleas und Melisande
Ein Meisterwerk nur für Connaisseurs?
Claude Debussys Oper, so meinte einst der legendäre Opernchef der New Yorker Met, Rudolf Bing, sei ein Werk, das man als Galavorstellung (ewa zur Saisoneröffnung) nicht spielen könne. "Da gehen die Leute in der Pause ins Restaurant und kommen nicht wieder."
Die Sache ist tatsächlich vertrackt. Debussy hat Maurice Maeterlincks rätselvoll-symbolistisches Theaterstück zu einer Oper verdichtet. Das heißt, er hat den Text in einer Musik aufgelöst, die aus den handelnden – oder vielmehr sich treiben lassenden – Personen womöglich noch undurchsichtigere Charaktere macht. Man weiß nicht, wer Mélisande ist, woher sie kommt. Ein großes „Vielleicht” schwebt über allem.
Kennern gilt das Werk freilich als Meisterstück, das man betrachten - oder vielmehr: hören - kann wie ein Gemälde von Monet.
Sänger und Dirigenten lieben den "Pelléas". Das Publikum reagiert meist euphorisch - aber kehrt dann frei nach Rudolf Bing zu den Reprisen nicht zurück. Obwohl sich in der jüngeren Vergangenheit durchaus ein Wandel abzeichnet. Die bisher letzte Premiere des Pelléas in der Inszenierung Marco Arturo Marellis an der Wiener Staatsoper war wieder ein umjubelter Erfolg. Aber auch die erste Wiederaufnahme, ein Jahr nach der Premiere, war beinah ausverkauft. Ob dieser Erfolg dem Stück diesmal treu bleiben wird, muß abgewartet werden.
Aufnahmen
Die vagen, ungreifbaren Klänge in ihrer ganzen ätherischen Schönheit und Rätselhaftigkeit hat Ernest Ansermet mit seinem Orchestre de la Suisse romande am trefflichsten eingefangen. Eine famose Sängerbesetzung mit Erna Spoorenberg, Camille Maurane und dem furchterregend gebieterischen Gaulod von George London stand ihm zur Verfügung.