Robert Schumann

1810 - 1856

Der Sohn eines Buchhändlers und Verlegers erfuhr eine umfassende Gymnasialbildung und wuchs vor allem durch Selbststudium zu einem ungemein kultivierten jungen Mann heran, sprachbegabt und musisch in der großzügigen Bedeutung des Wortes. Er gründete ein Schulorchester, las mit Freunden Dramen mit verteilten Rollen. Doch war er keineswegs konsequent musikalisch geschult. Er selbst taxierte sich so:

… Freies Phantasiren (täglich viele Stunden) … Krankhafte Sehnsucht nach Musik u. Clavierspiel, wenn ich lange nicht gespielt … Violoncell u. Flöte bei Stadtdir. Meißner … In der Phantasie am stärksten … Hinreißendes Feuer meines Vortrags … Gänzlicher Mangel einer Leitung fühlbar: Gehör, Technik insbesondere, Theorie

Eines Tages wandte sich die Mutter an den ehemaligen Hauslehrer und gesuchten Musikpädagogen Friedrich Wieck mit der Bitte, sich ihres Sohnes anzunehmen, der sich nach juristischen Studien der Musik widmen wollte.
Wieck war vom Talent Schumanns überzeugt und befand:
Ich mache mich anheischig, Ihren Herrn Sohn, den Robert, bei seinem Talent und seiner Phantasie binnen drei Jahren zu einem der größten jetzt lebenden Klavierspieler zu bilden, der geistreicher und wärmer als Moscheles und großartiger als Hummel spielen soll.
Womit Wieck nicht gerechnet hatte: Der begabte Schüler sollte sich in seine Tochter Clara verlieben und sie zehn Jahre später gegen seinen erbitterten Widerstand zur Frau nehmen. Doch noch war Clara ein Kind; und der junge Schumann sammelte seine ersten Erfahrungen, nicht nur im Umgang mit dem schönen Geschlecht.

Die Beschäftigung mit der zeitgenössischen Literatur floß direkt in die ersten veröffentlichten Kompositionen Schumanns ein. Jean Paul und E. T. A. Hoffmann waren seine Hausgötter, die Figuren aus Jean Pauls Flegeljahren spuken in den eindeutig programmatisch beeinflußten Sammlungen kurzer Klavierstücke von den Papillons bis zu den Davidsbündlertänzen und dem Carnaval. Die Temperaments-Gegensätze von Walt und Vult fand Schumann schließlich in sich selbst - auch bei seinen literarischen Versuchen, die er mit Kürzeln zeichnete, von denen die häufigsten Eusebius, der Schwärmer und Träumer, und Florestan, der Feurige sind; sie finden sich auch als handelnde Personen in den musikalischen Miniaturen, ganz explizit im Carnaval.

Politisch verband sich Schumann mit jungen Künstlern und Studenten zu den Davidsbündlern, die sich regelmäßig im Extrazimmer des Leipziger Arabischen Coffe Baum trafen. Nach dem Vorbild von E. T. A. Hoffmanns Serapionsbrüdern wälzte man künstlerische Pläne und umstürzlerische Gedanken. Nicht nur die Davidsbündler-Tänze sind Frucht dieser Zeit, auch die Episoden, die im Gefolge eines mehrmonatigen Aufenthalts in Wien unter dem Titel Faschingsschwank aus Wien gesammelt sind, verraten die Gesinnung. Die Wiener Zensur konnte den Ideen des Rheinländers, der in der Kaiserstadt eine Musikzeitschrift zu etablieren versuchte, wenig abgewinnen. Schumann war zwar zunächst von Wien begeistert und schrieb:
Es ist wahr: Dies Wien mit seinem Stefansturm, seinen schönen Frauen, seinem öffentlichen Gepränge, und wie es, von der Donau mit unzähligen Bändern umgürtet, sich in die blühende Ebene hinstreckt, die nach und nach zu immer höherem Gebirge aufsteigt, dies Wien mit all seinen Erinnerungen an die größten deutschen Meister muß der Phantasie des Musikers ein fruchtbares Erdreich sein.
Aber es zog Schumann bald nach Deutschland zurück. Die Lust, als Schriftsteller und Kultur-Journalist zu arbeiten, verflog bald. Der Komponist in Schumann gewann die Oberhand - und schrieb (immer wieder von Phasen des Selbstzweifels und psychischer Zerrüttung unterbrochen) zunächst nahezu ausschließlich Klaviermusik: Der Pianisten-Komponist, dessen Virtuosenkarriere dank einer partiellen Lähmung der rechten Hand schon 1832 zu Ende gegangen war, ehe sie begonnen hatte, schreibt weiterhin für sein Instrument. Nicht nur Einzelstücke, sondern formal vielfältige zyklische Werke, in denen er Miniaturen und Kleinformen in größere Zusammenhänge bringt - und sich auch an der klassischen Sonatenform versucht, die er über die kleiner dimensionierten Erzählformen für sich neu definiert und auch für seine symphonischen Versuche nutzbar macht.

Schumanns Klaviermusik →

Clara, der »Lebensmensch«

Zehn Jahre lang hatten sich Clara Wieck und Robert Schumann gekannt, einander lieben gelernt und waren eine künstlerisch-poetische Beziehung eingegangen, ehe sie 1840 endlich heiraten durften. Claras Vater stemmte sich gegen die Verbindung und versuchte sie mit allen Mitteln zu verhindern. Wieck war Schumanns einstiger Klavierlehrer und fürchtete nicht nur die finanziellen Probleme, die seiner Tochter aus einer Verbindung mit einem Künstler erwachsen könnten. Er kannte auch Schumanns psychische Labilität, seine Stimmungsschwankungen und heftigen Ausbrüche, Eigenschaften, die sich auch im Schaffen des Komponisten äußerten, das von heftigen schöpferischen Ausbrüchen und quälenden Phasen der Untätigkeit und des Selbstzweifels geprägt war.

→ Mehr über Clara als Muse und Komponistin



Das Jahr der Eheschließung mit Clara sah Schumann in euphorischer Stimmung und zeitigte eine Fülle von Vokal-Kompositionen.

→ Der Lied-Komponist

Dem Liederjahr folgte eine reihe symphonischer Werke, mit denen sich Schumann 1841 beschäftigte, darunter die Symphonischen Nr. 1 und 4 (in ihrer ersten Fassung), Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52 und die Phantasie in a-Moll für Klavier und Orchester, aus der später der erste Satz des Klavierkonzerts werden sollte.



→ Schumann als Symphoniker

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Das Jahr 1842 war dann vorrangig der Kammermusik gewidmet, überschattet ein wenig durch die Tatsache, daß sich Robert Schumann durch den immens anwachsenden Ruhm seiner als Pianistin ungemein erfolgreichen Frau in der Schatten gedrängt fühlte. Von einer gemeinsamen Konzertreise kehrte Schumann frühzeitig nach Leipzig zurück und brütete während Claras Abwesenheit über Kompositions-Entwürfen, die keine Gestalt annehmen wollten. Es schien eine Zeitlang, als würde das Verfassen von Kritiken und Feuilletons für die Neue Zeitschrift für Musik zu seiner Hauptbeschäftigung zu werden. Doch trieben ausführliche Klassiker-Studien bald ungeahnte Blüten, wie sooft brachte Schumann ab Mitte des Jahres in vulkanösem Überschwang eine ganze Reihe von Werken hervor. Fünf bedeutende Kammermusikwerke entstanden ab Juni 1842 in rasher Folge. Knapp vor seinem 32. Geburtstag, begann er mit der Arbeit am a-Moll-Streichquartett, wenige Wochen später lagen drei Werke dieser Gattung vor.
Einer gemeinsamen Urlaubsreise durch die böhmische Kurorte Marienbad, Karlsbad und Königswart folgten nach der Rückkehr nach Leipzig entstand - ebenfalls in enormer Geschwindigkeit - das Klavierquintett in Es-Dur (op. 44), das Clara gewidmet wurde und ganz auf deren pianistische Meisterschaft zugeschnitten war. Sie spielte es in der Folge in allen bedeutenden Musikzentren mit enormem Erfolg.

→ Schumanns Kammermusik


Theater, die unglückliche Liebe

→ Wie vor ihm Franz Schubert träumte auch Robert Schumannn vergeblich den Traum vom → Musiktheater.


Das Violinkonzert

Aus Schumanns Spätphase stammt ein formal und inhaltlich ungleichgewichtiges, passagenweise besonders schönes → Violinkonzert, das Clara bis an ihr Lebensende zurückgehalten hat und das während der Zeit des Nationalsozialismus »wiederentdeckt« wurde, um zu einem Ersatzwerk für das aus »rassischen« Gründen unerwünchste Mendelssohn-Konzert »aufgebaut« werden sollte, was naturgemäß auch bei einem besseren Stück mißlungen wäre . . .

↑DA CAPO