Mazeppa
(1881 - 1883)
Tschaikowsky war - nachdem er anfangs über das Libretto Viktor Burenins keineswegs begeistert war und zahlreiche Änderungen vornahm - von der Qualität seines Partitur zutiefst überzeugt. Er nahm sich nach der vom Publikum wohlwollend aufgenommenen Moskauer Urafführung nicht einmal Zeit, die drei Tage später anberaumte St. Petersburger Premiere zu besuchen, sondern brach zu einer ausgiebigen Reise in den Westen auf. Bestürzt mußte er von seinem Bruder erfahren, daß die Kritik sich keienswegs begeistert von der Oper gezeigt hatte. Verzweifelt schrieb er:
In meinem Alter und in meiner Lage ist es bereits schwierig, Hoffnungen für die Zukunft zu hegen. Da nimmt jeder auch so relative Mißererfolg die Ausmaße eines Fiaskos anZurückgekehrt, machte sich Tschaikowsky an eine Umarbeitung der Partitur und nahm eine bedeutsame, dramaturgisch grandiose Veränderung des Finales vor: Die Oper endete nun im Pianissimo und zeigt statt eines Wahnsinnstodes der leidenden Maria deren geistige Umnachtung, indem sie - allein geblieben - ein leises, inniges Wiegenlied für Andrej anstimmt. Sie, die nie ein Kind geboren hat, umarmt den Toten wie eine Mutter. Tschaikowsky gelang damit einer der bewegendsten Opern-Schlüsse der musikalischen Romantik.
Auch wenn Verleger Jürgenson nach Erscheinen der ersten Rezensionen nur eine Summe von 1000 Rubel für die Partitur bezahlen wollte - für das Vorgängerstück, Die Jungfrau von Orleans, hatte er 1500 bezahlt! - stellte sich heraus, daß Mazeppa eine der erfolgreichen Tschaikowsky-Opern werden sollte. Schon im Jahr nach den Premieren in Moskau und St. Petersburg sah man die Oper in Liverpool. In den deutschen Sprachraum kam Mazeppa aber erst spät: Die Erstaufführung in Deutschland, 1931 in Wiesbaden, sah immerhin den großen Boris Christoff als Kotschubej). Russische Dirigenten engagieren sich liebevoll für das Werk, nicht nur, weil Tschaikowsky ihnen mit dem Zwischenspiel vor dem dritten Akt eine kleine symphonische Dichtung über die »sChlacht von Polawa« geschenkt hat, die auch als Konzertstück Effekt macht. Kirill Petrenko leitete 2006 am Vorabend seines Weltruhms eine Einstudierung von Mazeppain der Opéra de Lyon, inszeniert von Peter Stein.