Herbert: Cellokonzerte

1884 / 1898

Wunderbare Alternativen zur schmalen romantischen Literatur für Cellisten.

Victor Herbert stammte aus Irland, studierte in Deutschland, musizierte in der Wiener Kapelle von Eduard Strauß und war einer der virtuosesten Solo-Cellisten seiner Ära. Seinen Kollegen und sich selbst hat er zwei hochromantische Cellokonzerte geschenkt, deren melodischer Reichtum den kommenden Meister der Operette verraten. Die Werke entstanden noch in Herberts aktiver Cellisten-Zeit, in der er als Solist unter anderem mit Saint-Saens' a-Moll-Konzert brillierte. Herbert darf auch für sich in Anspruch nehmen, die Entstehung des großen romantischen Cellokonzerts schlechthin - des h-Moll-Konzerts von Antonín Dvorak inspiriert zu haben: Der Kollege aus Böhmen erlebte die erfolgreiche Uraufführung von Herberts Zweiten Konzert und begann daraufhin, sein Werk zu entwerfen!

Konzert Nr. 1 D-Dur

Das D-Dur-Konzert entstand 1884 und kam ein Jahr darauf in Stuttgart zur Uraufführung. Herbert selbst spielte das Solo dann auch bei der New Yorker Erstaufführung, 1887. Das Werk ist für großes Orchester gesetzt, inklusive Harfe und zeigt Herberts Lust an klanglich aparter Instrumentation ebenso wie die Kunst, melodische Einfälle effektvoll zu entwickeln. Originell auch der Mittelsatz, ein Andante, das als Mittelteil ein rasches Scherzo einschließt. Die virtuosesten, oft in höchste Lagen geführten Solopassagen spart Herbert für das Finale auf, eine elektrisierend rhythmisierte Polonaise.

Konzert Nr. 2 e-Moll

Auch die Uraufführung seines e-Moll-Konzert, das Dvorak so begeisterte, spielte Herbert selbst, begleitet vom Vorgängerorchester von New York Philharmonic, dirigiert von Anton Seidl.
Famos! Ganz famos!
soll Dvorak nach der Uraufführung im Künstlerzimmer ausgerufen haben, als er Herbert gratulierte. Die Möglichkeiten, durch melodisches und ornamentales Spiel auf der höchsten Saite zu brillieren nutzt Herbert in seinem zweiten Konzert konsequenter als im D-Dur-Werk und reizt damit die Cello-Klangwelt vollkommen aus. Wiederum ist es das Finale, das dem Solisten alle Möglickeiten bietet, zu brillieren. Im Kopfsatz, einem kraftvollen Allegro impetuoso, zeigt sich Herberts exzellente kompositionstechnische Meisterschaft: Hier entwickeln sich auch extreme Kontraste aus ein und derselben motivischen Keimzelle, gute deutsche Schule seit Liszt und Brahms - wie sie übrigens auch der reife Dvorak perfekt beherrschte.
Das Andante tranquillo wird durch einen kurzen Lento-Abschnitt direkt mit dem ersten Satz verbunden und setzt zwei gegensätzliche, aber durchaus liedhafte Themen gegeneinander, beredt und ausdrucksvoll das erste, breit strömend das zweite. Sucht man nach Herberts Vorbildern, findet man sie durchaus in den Komponisten, deren Werke er als Solist in seiner amerikanischen Zeit aufgeführt hat: Brahms' Doppelkonzert, das a-Moll-Konzert von Saint Saens (dem wohl die originelle Verschmelzung der verschiedenen klassischen Satztypen im Zentrum des ersten Konzerts zu danken ist) und den weniger bekannten, im Tonfall aber den heute vergessenen Stücken Herberts verwandten Solokonzerten von Joachim Raff und Anton Rubinstein.

       

↑DA CAPO