Königskinder

Engelbert Humperdinck

Zunächst als Melodram entworfen (uraufgeführt 1897 in München) - dann zur Oper umgeformt (1910, New York - Metropolitan Opera)



BESETZUNG Der Königssohn (Tenor)
Die Gänsemagd (Sopran)
Der Spielmann (Bariton)
Eine Hexe (Alt)
Ein Holzhacker (Baß)
Ein Besenbinder (Tenor)
- dessen Tochter (Sopran)
Ein Schneider (Tenor)
Ratsältester (Bariton)
Wirt (Baß)
- dessen Tochter (Mezzo)


Humperdincks Partitur ist in ihrer Urfassung besonders interessant: Ausgehend von einigen kleinen illustrativen Musiknummern zu einem Märchenspiel wuchs das Werk nach und nach zu einem abendfüllenden Melodram, für das der Komponist eine eigene Notation erfand: Sternchen statt Notenköpfen markieren die Tonhöhe, auf denen die Schauspieler den Text sprechen sollten; eine Innovation, die sich als höchst unpraktisch erwies, weshalb Humperdinck das Stück bald zu einer Oper mit Gesangspartien umformte. Doch bezeichnet der ursprüngliche Entwurf in der Geschichte des Melodrams einen entscheidenen Wendepunkt: Arnold Schönberg wird bald für seinen Pierrot Lunaire eine ähnliche Verfahrensweise »erfinden«, die von der Musikgeschichtsschreibung dann als bahnbrechend bezeichnet werden wird...

I N H A L T

ERSTER AKT

Die Hexe hat einst die junge hübsche Gänsemagd als Waisenkind auf der Straße aufgelesen und möchte aus ihr eine Zauberin machen. Die Magd muß das todbringende Zauberbrot kneten.

Der Königssohn, auf Wanderschaft um ein Land und eine Königin zu gewinnen, verliebt sich in die schöne Gänsemagd. Doch die Hexe bannt die beiden mit einem Zauber. So meint der Königssohn, das Mädchen sei zu ängstlich und zieht allein weiter.

Nun begeheren die Bürger von Hellabrunn zu wissen, wer König werden würde. Die Hexe prophezeit:

Der werde König, der beim Mittagsläuten am Hellafesttag durch das Stadttor einzieht.

Wie es der Königssohn vorhergesagt hat, fällt plötzlich ein Stern vom Himmel und eine Wunderblume blüht auf -- der geheimnisvolle Spielmann erkennt in der Gänsemagd eine verloren geglaubte Königstochter, die nun davonzieht, weil der Zauberbann gebrochen ist.

ZWEITER AKT
Der verarmte Königssohn, beim Gastwirten in Quartier, wehrt sich gegen die Umarmungen durch dessen Tochter. Er träumt von der verlorenen Gänsemagd. Die Bürger warten inzwischen auf den neuen König. Als es zwölf Uhr schlägt und das Tor sich öffnet, erscheinen der Spielmann und die Gänsemagd, ein Krönchen auf dem Kopf. Der Königssohn sinkt ihr zu Füßen, das Volk aber nennt sie Schwindler und jagt das Paar davon. Der Spielmann wird eingekerkert. Nur ein Kind spricht die Wahrheit

Das waren der König und die Königin.

DRITTER AKT
Der Spielmann konnte fliehen und wohnt nun in der Hütte der Hexe, die auf dem Scheiterhaufen den Tod fand. Die Einladung, in dei Stadt zurückzukehren, weist er von sich, bricht aber mit den Kindern auf, die Königskinder zu suchen. Die erscheinen währenddessen in der Stadt und bieten ihre Krone gegen Verpflegung: Man gibt ihnen das verzauberte Brot. Es bringt beiden den Tod. Schnee bedeckt die Sterbenden. Der Spielmann, zurückgekehrt spielt ein letztes Lied für das Paar:

Verdorben, gestorben.


Aufnahmen

Das Werk steckt voll von herrlicher spätromantischer Musik und bietet wunderbare Gesangspartien für die Titelhelden und den Spielmann, den Hermann Prey an der Seite der »Königskinder« Helen Donath und Adolf Dallapozza im rechten märchenhaften Ton gesungen hat. (EMI/Warner)

Damit konnte Prey in diesem Fall spät in seiner Karriere noch mit seinem Dauerkonkurrenten Dietrich Fischer-Dieskau gleichziehen, der den Spielmann in der ersten Rundfunk-Gesamtaufnahme an der Seite des wunderbaren Peter Anders unter Richard Kraus gesungen hatte. Diese Aufnahme bleibt der recht angegrauten Monoqualität musikalisch die beste, die greifbar ist. (→ Walhall/Naxos)

Zürich wagte sich an eine szenische Realisiation des Werks mit Jonas Kaufmann in der Frühzeit seiner Karriere. Er hatte die Partie bereits zwei Jahre zuvor (2005) in Montpellier unter Armin Jordan gesungen (der Livemitschnitt war eine Zeitlang auf dem Label Accord auf CD erhältlich). In Zürich waren unter Ingo Metzmacher Isabel Rey seine Gänsemagd, Oliver Widmer der Spielmann und Liliana Nikoteanu die Hexe. Beeinträchtigt zwar durch eine ernüchternd regietheaterliche Szenerie, bot die Produktion immerhin Grundlage für eine DVD-Version. (Decca)

↑DA CAPO

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