Die Klaviertrios
Allegro
Adagio affettuoso ed appassionato
Scherzo: Allegro molto
Allegro
Dieses Werk hat Johannes Brahms zweimal komponiert. Mehr als 35 Jahre nach dem Erstdruck legte er eine neue Version des Trios unter derselben Opusnummer vor. Das Werk, erfolgreich bis dahin, kam über die Jarhzehnte hin in diversen verstümmelten Versionen zur Aufführung. So erlebte beispielsweise das Wiener Publikum 1871 die »Erstaufführung« in einer gekürzten Variante. Namentlich der erste Satz schien den Kommentatoren in der ursprünglichen Version allzu zerklüftet. Clara Schumann notierte nach der Erstaufführung im Jahr 1854:
Im langsamen Satz des Werks beginnt die Umarbeitung ebenfalls mit dem Eintritt des Seitenthemas. Es war in der Urfassung einer Passage aus Schuberts tragischem Heine-Lied Am Meer aus dem Schwanengesang nachempfunden. Brahms eliminierte dieses Zitat ebenso wie er im Finale das beziehungsreiche Nimm sie hin denn, diese Lieder, aus Beethovens An die ferne Geliebte strich - das schon Robert Schumann im abschließenden Teil seiner C-Dur-Fantasie zitiert hatte -- bedenkt man Brahms' Leidenschaft für Schumanns Ehefrau Clara, ist das eine bedeutsame Pointe. Die Urfassung des Trios, die das Zitat enthält, entstand 1854, kurz nach der ersten, entscheidenden Begegnung mit Robert - und Clara! - Schumanns, wonach Schumann Brahms' großer Förderer wurde und ihn zur Herausgabe seiner frühen Werke animierte . . .
Im übrigen läuft die Revision der Partitur, dreieinhalb Jahrzehnte nach ihrer Erstfassung, auf Konzentration und formale Beherrschung. Nicht zuletzt deshalb sind fantastisch ausschweifende Passagen wie die beiden Lied-Zitate gestrichen worden. Brahms' Spätstil war vollkommen auf Integration ausgerichtet und unterband alle Zentrifugalkräfte thematischer Entwicklungen. Im Adagio wich daher das Schubert-Zitat einem
Nur das Scherzo blieb »kenntlich«. Hatte Brahms vom Adagio etwa zwei Drittel neu komponiert, ersetzte er im Finale ebenso großzügig alte Teile durch Neukompositionen wie im Kopfsatz - und zwar ebenfalls ab Eintritt des Seitensatzes (anstelle des Beethoven/Schumann-Zitats), das in Dreiklangsthematik einen starken Kontrast zum Hauptthema bildet. Der drängende Charakter ist dem Finale erhalten geblieben, doch verzichtet die Neufassung auf die zerklüftete, atemlose Konfrontations-Dramatik der ersten Version. Von der aufwühlenden Durchführung ist nur noch eine Ahnung erhalten geblieben, die Brahms 1889 in die unmittelbar an die Exposition anschließende Reprise integriert hat.
Später spielte Johannes noch sein Trio, dem ich nichts wünschte als einen anderen ersten Satz, denn ich kann mich mit diesem nicht befreunden.
Die Neufassung
Das H-Dur-Trio in seiner offiziellen Zweitfassung, wie es seit der Publikation in aller Regel in den Konzertsälen gespielt wird, ist in vielen Moment eine völlige Neukomposition. Vor allem im ersten Satz haben die beiden Versionen lediglich das Hauptthema miteinander gemein - sie beginnen also gleichlautend mit einem großen Gesang, dessen Intensität Strophe zu Strophe gesteigert erscheint - doch schon das zweite Thema ist neu komponiert; ebenso die Durchführung, aus der Brahms das gelehrt-ungelenke Fugato zugunsten einer melancholischen Moll-Variante des Hauptthemas entfernt hat. An der kontrapunktischen Übung inmitten des Kopfsatzes hatte sich schon ein - im übrigen wohlwollender - Königsberger Kritiker Anno 1855 gestoßen:Der erste Satz ist überhaupt reich von schöner Wirkung; doch störte uns die Fughette etwas. Vielleicht erfreut sie andere um so mehr.
Im langsamen Satz des Werks beginnt die Umarbeitung ebenfalls mit dem Eintritt des Seitenthemas. Es war in der Urfassung einer Passage aus Schuberts tragischem Heine-Lied Am Meer aus dem Schwanengesang nachempfunden. Brahms eliminierte dieses Zitat ebenso wie er im Finale das beziehungsreiche Nimm sie hin denn, diese Lieder, aus Beethovens An die ferne Geliebte strich - das schon Robert Schumann im abschließenden Teil seiner C-Dur-Fantasie zitiert hatte -- bedenkt man Brahms' Leidenschaft für Schumanns Ehefrau Clara, ist das eine bedeutsame Pointe. Die Urfassung des Trios, die das Zitat enthält, entstand 1854, kurz nach der ersten, entscheidenden Begegnung mit Robert - und Clara! - Schumanns, wonach Schumann Brahms' großer Förderer wurde und ihn zur Herausgabe seiner frühen Werke animierte . . .
Im übrigen läuft die Revision der Partitur, dreieinhalb Jahrzehnte nach ihrer Erstfassung, auf Konzentration und formale Beherrschung. Nicht zuletzt deshalb sind fantastisch ausschweifende Passagen wie die beiden Lied-Zitate gestrichen worden. Brahms' Spätstil war vollkommen auf Integration ausgerichtet und unterband alle Zentrifugalkräfte thematischer Entwicklungen. Im Adagio wich daher das Schubert-Zitat einem
neuen, ganz Brahms angehörigen, breiten melodischen Gedanken in gis-Moll, den das Violoncell einführt
(Eusebius Mandyczewski)
Nur das Scherzo blieb »kenntlich«. Hatte Brahms vom Adagio etwa zwei Drittel neu komponiert, ersetzte er im Finale ebenso großzügig alte Teile durch Neukompositionen wie im Kopfsatz - und zwar ebenfalls ab Eintritt des Seitensatzes (anstelle des Beethoven/Schumann-Zitats), das in Dreiklangsthematik einen starken Kontrast zum Hauptthema bildet. Der drängende Charakter ist dem Finale erhalten geblieben, doch verzichtet die Neufassung auf die zerklüftete, atemlose Konfrontations-Dramatik der ersten Version. Von der aufwühlenden Durchführung ist nur noch eine Ahnung erhalten geblieben, die Brahms 1889 in die unmittelbar an die Exposition anschließende Reprise integriert hat.
Brahms' Selbsteinschätzung
An seinen Verleger Simrock schrieb Brahms im üblich zynisch-selbstkritischen Ton nach Vollendung der Zweitfassung:Wegen des verneuerten Trios muß ich noch ausdrücklich sagen, daß das alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das neue sei gut! Was Sie mit dem alten anfangen, ob Sie es einschmelzen oder auch neu drucken, ist mir, im Ernst, ganz einerlei. Es wäre übrigens auch unnütz, darin etwas zu wollen. Ich meine nur, daß das alte sich fortdauernd schlecht verkaufen wird, nicht des vielen Häßlichen wegen, sondern der vielen unnützen Schwierigkeiten drin.An Clara Schumann schrieb der Komponist aus der Sommerfrische in Bad Ischl:
Ich habe mein H-Dur Trio noch einmal geschrieben und kann es Op. 108 statt Op. 8 nennen.Und im Jahr darauf schreibt er wiederum an Clara:
und wärst Du nicht begierig, es jetzt zu hören, da ich ihm – (keine Perrücke aufgesetzt – !) aber die Haare ein wenig gekämmt und geordnet[?]“Es blieb übrigens bei der ursprünglichen Numerierung und der im übrigen ungemein selbstkritische Brahms bewahrt in diesem Fall eine gewisse Anhänglichkeit an die ursprüngliche Gestalt seines Jugendwerks, die er nicht radikal verwerfen will, sondern seinem Verleger sogar schreibt:
...wird sie verlangt, so schicken Sie sie, und scheint es Ihnen eines Tags nötig oder wünschenswert, so drucken Sie sie neu (lassen ja auch möglicherweise die neue Ausgabe eingehen!)Das ist im Brahms'schen Oeuvrekatalog eine ziemlich singuläre Freizügigkeit, von der in jüngster Zeit auch mehr und mehr Interpreten Gebrauch machen: Auch die Ur-Version des Opus 8 erklingt zuweilen in Konzerten.
Allegro
Andante con moto
Scherzo: Presto – Trio: Poco meno presto
Finale: Allegro giocosoAdagio - Allegro vivace
Die erste öffentliche Aufführung dieses Werk gehört gewiß zu den erstaunlichsten Kuriositäten der Klassik-Geschichte: Anläßlich einer musikalischen Matinee am 25. August 1882 in Alt-Aussee im Sommerhaus des Budapester Gelehrten und Kunstmäzens Ladislaus Wagner, kündigte Johannes Brahms den staunenden und nichts ahnenden Gästen die Uraufführung eines soeben fertiggestellten Klaviertrios seines Freundes Ignaz Brüll an, der sein neues Werk nun mit zwei befreundeten Streichern aus der Taufe heben würde. Niemand war mehr überrascht als Ignaz Brüll, der - das wußte Brahms - ein meisterlicher Blattspieler war und nun übertölpelt zum Flügel ging, um mit den Musikerkollegen prima vista das ihm völlig unbekannte Stück aufzuführen: Es handelte sich um das C-Dur-Trio von Brahms. Die Anekdote wirft ein bezeichnendes Licht nicht nur auf Brülls pianistische Meisterschaft, sondern auch auf den zynischen Humor des Komponisten und auf die Leidensfähigkeit von Brüll, der ein guter Handwerker war, sich aber stets des himmelohen »Standesunterschieds« bewußt war, der zwischen ihm und Brahms herrschte.
Die Freundschaft zwischen den beiden Künstlern blieb dennoch bis zuletzt aufrecht. Seinem neue Trio begegnete Brahms hingegen von Anfang an mit einer gewissen Skepsis. Daß er es doch herausbrachte, ließ diesem Werk gegenüber immerhin mehr Gerechtigkeit walten als gegenüber einem gleichzeitig entstandenen zweiten Klaviertrio in Es-Dur, von dem zumindest ein Eingangs-Allegro existiert hat, das Brahms aber wie so vieles unwiederbringlich vernichtet hat.
Das C-Dur-Trio fand er zwar nicht halb so gelungen wie das zur selben Zeit entworfene, tatsächlich hinreißende erste der beiden Streichquintette (F-Dur, op. 88). Aber er hat es immerhin leben lassen und nach der Vaterschafts-Zuweisung an Ignaz Brüll unter seinem eigenen Namen drucken lassen. Wieder einmal widersprach er mit seiner Entscheidung seiner Lebensfreundin Clara Schumann, die nach Anhörung der ersten Sätze der beiden Klaviertrios notiert hatte:
Clara Schumann war vom Endergebnis entzückt und schrieb:
Die Freundschaft zwischen den beiden Künstlern blieb dennoch bis zuletzt aufrecht. Seinem neue Trio begegnete Brahms hingegen von Anfang an mit einer gewissen Skepsis. Daß er es doch herausbrachte, ließ diesem Werk gegenüber immerhin mehr Gerechtigkeit walten als gegenüber einem gleichzeitig entstandenen zweiten Klaviertrio in Es-Dur, von dem zumindest ein Eingangs-Allegro existiert hat, das Brahms aber wie so vieles unwiederbringlich vernichtet hat.
Das C-Dur-Trio fand er zwar nicht halb so gelungen wie das zur selben Zeit entworfene, tatsächlich hinreißende erste der beiden Streichquintette (F-Dur, op. 88). Aber er hat es immerhin leben lassen und nach der Vaterschafts-Zuweisung an Ignaz Brüll unter seinem eigenen Namen drucken lassen. Wieder einmal widersprach er mit seiner Entscheidung seiner Lebensfreundin Clara Schumann, die nach Anhörung der ersten Sätze der beiden Klaviertrios notiert hatte:
Johannes wirklich besonders guter freundlicher Stimmung, so daß ich wirklich Freude an seinem Besuch haben konnte. Er spielte mir auch zwei neue erste Sätze zu zwei Trios, von denen mir der in Es-Dur zumeist gefiel.Auch Theodor Billroth äußerte Präferenzen für das Es-Dur-Werk, doch Brahms entschied anders. Er ließ die beiden Allegro-Sätze zunächst liegen und griff nach zwei Jahren zu dem Entwurf in C-Dur, den er um drei weitere Sätze ergänzte, dann kurfrstig Brüll »unterschob«, um es letzlich als sein Zweites Klaviertrio in Druck gehen zu lassen.
Clara Schumann war vom Endergebnis entzückt und schrieb:
Welch ein prachtvolles Werk ist das wieder! Wie vieles entzückt mich darin, und wie sehnsüchtig bin ich, es ordentlich zu hören. Jeder Satz ist mir lieb, wie herrlich sind die Durchführungen, wie blättert sich da immer ein Motiv aus dem anderen! – Wie reizend ist das Scherzo, dann das Andante mit dem anmutigen Thema, das eigentümlich klingen muss in der Lage der doppelten Oktaven, ganz volkstümlich!Daß Brahms sich im Finale von einer geradezu ausgelassenen Seite zeigt, ist vielleicht der ungewöhnlichste Aspekt dieser Komposition, die - wie so oft beim reifen Brahms, aus einer motivischen Keimzelle aus nur drei Tönen heraus die Themen der Sätze 1, 2 und 4 entwickelt: Manche Passagen scheinen sich im Finale dann regelrecht über die geradezu pathetischen Varianten, die dieses Motiv im Kopfsatz angenommen hatte, lustig zu machen.
Allegro energico
Presto non assai
Andante grazioso
Allegro molto
Das letzte der Brahms'schen Klaviertrios entstand in der Sommerfrische in Thun, 1886. Es erklang erstmals öffentlich in Budapest am 20. Dezember 1886, gespielt vom Komponisten selbst mit dem Geiger Jenö Hubay (1858-1937) und dem Cellisten David Popper (1843-1913).
Wenige Monate später erschien die Erstausgabe bei Simrock in Berlin.
Das Trio bedeutet für Kenner einen einsamen Höhepunkt in der kammermusikalischen Literatur. Die inhaltliche Verdichtung scheint auf einen nicht mehr weiter konzentrierbaren Status vorangetrieben.
Die ersten Reaktion aus Brahms' Bekanntenkreis waren euphorisch.
Das Trio weist in seiner Architektur eine gewisse Ähnlichkeit mit der Ersten Symphonie in derselben Tonart auf: Auch dort sind die Ecksätze von vergleichsweise zyklopischer Gewalt, während die Mittelsätze zarte Intermezzi bilden: gespenstisch-geheimnisvoll das Scherzo, geradezu lieblich das Andante grazioso.
Das Trio bedeutet für Kenner einen einsamen Höhepunkt in der kammermusikalischen Literatur. Die inhaltliche Verdichtung scheint auf einen nicht mehr weiter konzentrierbaren Status vorangetrieben.
Die ersten Reaktion aus Brahms' Bekanntenkreis waren euphorisch.
Noch kein Werk von Johannes hat mich so ganz und gar hingerissen,schrieb Seelenfreunding Clara Schumann. Und Elisabeth von Herzogenberg, die Brahms-Vertraute, die nach Übersendung der handschriftlichen Partitur das Werk in ihrem Privat-Salon »ausprobieren« durfte, schwärmte bei der Rücksendung des Manuskripts:
Etwas, wie dieses Trio, in allen Teilen so vollendet, so leidenschaftlich und so maßvoll, so groß und so lieblich, so knapp und so beredt, ist überhaupt wohl selten geschrieben worden, und mich dünkt: Sie selber müssen ein Gefühl gehabt haben, als Sie den letzten Takt schrieben, wie etwa Heinrich der Vogler, wenn er betet: »Du gabst mir einen guten Fang, Herrgott, ich danke Dir!«Keineswegs begeistert reagierten Mitwirkende und Freunde auf die Wiener Privataufführung, die Brahms - mit anderen Streichersolisten - vor der Budapester Premiere veranstaltete und bei der er als Pianist - nach übereinstimmenden Zeugenaussagen - wenig Rücksicht auf seine Partner Heckmann und Bellmann genommen haben soll. Die beiden seien zu wenig gut vorbereitet gewesen, herrschte sie Brahms nach Durchspielen des Werks an und verließ den Salon unwirsch und ohne Gruß.
Das Trio weist in seiner Architektur eine gewisse Ähnlichkeit mit der Ersten Symphonie in derselben Tonart auf: Auch dort sind die Ecksätze von vergleichsweise zyklopischer Gewalt, während die Mittelsätze zarte Intermezzi bilden: gespenstisch-geheimnisvoll das Scherzo, geradezu lieblich das Andante grazioso.
Allegro vivace con brio
Largo assai ed espressivo
Presto