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Mathias Georg Monn

1717 - 1750

Er war einer der wenigen in Wien geborenen Komponisten, die maßgeblich zur Entwicklung der Musikgeschichte beigetragen haben. Doch starb er früh und sein Nachruhm ist rasch verhallt. Dennoch: Als Johann Stamitz, der Meister aus Mannheim, das erste Mal nach Paris aufbrach, um dort seine Symphonien und Konzerte zu präsentieren, war Monn schon tot (er starb 33jährig an einem, wie es amtlich hieß, »Lungl-Defect«) - Stamitz wurde als einer der Gründerväter der neuen, bald »klassischen« Sonaten- und Symphonienform berühmt. Doch Monn hatte bereits vor Stamitz Symphonien komponierte, viersätzige Werke, an denen Haydn und Mozart maßnehmen konnten.

Pionier der Klassik

In habsburgischen Landen waren Monns Werke weit verbreitet. Um sich von seinem jüngeren Bruder Johann Christoph abzusetzen, der ebenfalls Musiker war (1725-1782) tauschte Monn seinen ursprünglichen Vornamen Johann gegen Mathias aus. Über seine Lebensdaten ist nicht allzuviel bekannt. Sicher war er Organist der als Dank für die Überwindung der letzten Wiener Pest-Epidemie errichteten Karlskirche. Allerdings hat sich kaum ein Manuskript aus seiner Feder erhalten und die Drucke erschienen allesamt posthum. Daher gibt es Probleme mit der Zuschreibung einiger Stücke und Fragen bezüglich möglicher späterer (Nach-)Bearbeitungen von fremder Hand.

»Erste Wiener Schule«

Jedenfalls kommt den Werken, wie sie sich erhalten haben, im viel zu wenig beachteten Wiener Musikleben des Spätbarock Brückenfunktion zu: Monn seinerseits hatte sein Vorbild noch in Hofkampellmeister Antonio Caldara gefunden und schaffte stilistisch den Übergang zur damaligen musikalischen Moderne. Aus seiner Feder gibt es Partiten, aber auch Sonaten und Symphonien. Auch erste Streichquartette hat Monn komponiert. Was in diesen Kompositionen aus barocken Sonaten- und Suiten-Schemata ausbricht, beispielsweise der Beginn einer »dialogischen« Arbeitsweise, die mehrere Themen gegeneinander ausspielt, bereitet den Tonfall der Wiener Klassik vor.

Man hat daher gelegentlich von einer Art »Erster Wiener Schule« gesprochen, die für die Klassiker den Nährboden aufbereitet habe. Dann wäre Monn neben dem kaiserlichen Hofpianisten → Wagenseil und dem jüngeren ebenfalls aus Wien stammenden → Joseph Starzer (1726 - 1787) deren wichtigster Protagonist.

Konzerte

Ganz im Tonfall früher klassischer Concerti präsentieren sich schon einige der Konzerte Monns, die eine aparte Melange aus barocker Konzertform und galanter Melodik versuchen.

Arnold Schönberg hat zwei der Cembalokonzerte Monns für Violoncello beaerbeitet - wobei er das Konzert in g-Moll als Herausgeber für die Wiener Universaledition nach klassischer Manier für Cello, Generalbaß und Streicher setzte, während er das Konzert in D-Dur für ein bunt besetztes Orchester bearbeitete, das schon das fröhliche Eingangsthema nach Art der Film-Soundtracks jener Zeit funkelnd und glitzernd in ständig wechselndem Klanggewand präsentiert. Schönberg hat Monns Original harmonisch behutsam modernisiert und etliche würzige Pointen eingefügt. Vor allem hat er den Mittelsatz in einen absurd-parodistischen Trauermarsch umgewandelt. Yo Yo Ma hat das Werk mit Seiji Ozawa in Boston mit dem nötigen Witz eingespielt.

     


Das Konzert in g-Moll erfreut sich bei Cellisten angesichts des Mangels an einschlägigen Werken aus jener Periode größter Beliebtheit. Jacqueline du Pré hat es im Verein mit dem Dirigenten Sir John Barbirolli und dem London Symphony Orchestra als erste eingespielt, in einer kraftvollen, den vorklassischen Pioniergeist betonenden Einspielung, die in diversen Anthologien wiederaufgelegt wurde. (Warner)

Im Gegensatz dazu bildet das Stück in einer 2004 erschienenen, der »Originalklang«-Ästhetik verpflichteten Einspielung durch Jean-Guihen Queyras und das Freiburger Barockorchester eine kluge Ergänzung der Wiedergabe beider erhaltenen Haydn-Cellokonzerte, die im Grunde genau bei Monns Konzertstil und seinem in diesem Fall noch dem Spätbarock zugehörigen Schema anknüpfen. Die CD bildet ein gutes Dokument für die Frühzeit der Wiener Stilwandels hin zur »klassischen« Denkungsweise. (harmonia mundi)

Höchst informativ und amüsant ist der Vergleich der Schönberg-Version (für Cello) und der Originalfassung für Klavier (bzw. Cembalo), den die CD von Sabine Bauer und dem Ensemble La Stagione ermöglicht: Sie beginnt mit der Cello-Fassung und endet mit der Cembalo-Version. Zwischendrin gibt es ein Violinkonzert Monns und eine weitaus spritzigere Wiedergabe des Klavierkonzerts in D-Dur, die dem Esprit der Komposition weitaus besser gerecht wird als die frühe, Einspielung durch Vilmos Tátrai und das ungarische Kammeorchester mit Janos Sebestyen am Cembalo: Auf dieser Schallplatte erschien das frische Klavierkonzert in D-Dur jedoch historisch sinnig kombiniert mit Werken von Reutter, Muffatt, Gregor Joseph Werner und Heinrich Ignaz Franz Biber unter dem Titel »Ein Gala Dinner Konzert am Hof zu Wien«.

Symphonien

Michi Gaigg hat mit ihrem Orfeo Barockorchester sechs der 16 erhaltenen Symphonien für den WDR aufgenommen, in denen teilweise schon der stürmische Tonfall von Haydns »Sturm- und Drang-Stil« vorweggenommen scheint (etwa in der dreisätzigen Symphonie in G-Dur), teils aber noch der alte viersätzige Kirchensonaten-Stil (mit einem langsamen Satz am Beginn) gepflegt wird - allerdings bei sehr reizvoller harmonischer Belebung durch »empfindsame« Ausdrucks-Momente, wie sie für Monn charakteristisch zu sein scheinen (»Sinfonia à 4« in B-Dur). (cpo)





↑DA CAPO