Die Klavierkonzerte
Konzert B-Dur KV 456
Andante un poco sostenuto
Allegro vivace
Auf die vier in einem Zug komponierten Klavierkonzerte aus dem Frühjahr folgten im Herbst 1784 noch zwei weitere Werke: Die Konzerte in B-dur KV 456 und F-Dur (459). Wie großzügig Mozart in jener Zeit leben konnte, spiegelt die Geschichte seiner Übersiedlung wieder: Im Zug des Jahres 1784 zog die Familie in eine neue Wohnung, für die 460 Gulden Jahresmiete zu bezahlen waren - fast dreimal so viel wie zuvor! Zum finanziellen Wohlstand Mozarts hatten vor allem die lukrativen Fasten-Akademien beigetragen. Folge der umjubelten Auftritte Mozarts als komponierender Pianist waren nicht zuletzt Aufträge von anderen Musikern. So könnte das Konzert in B-Dur für die Pianistin Maria Theresia von Paradis (1759 -1824) entstanden sein.
Die blinde Virtuosin
Mozart kannte die Tochter eines kaiserlichen Beamten spätestens seit 1783. Das Mädchen war früh erblindet, trat aber bereits mit elf Jahren als Sängerin in Erscheinung. Gesang und Komposition hatte sie bei Antonio Salieri studiert, Klavier bei Mozarts Kollegen Leopold Kozeluch und Georg Friedrich Richter, der den Auftrag an Mozart möglicherweise vermittelt hat.
Paradis feierte ihre Erfolge in den Achtzigerjahren vorrangig in Paris. Ob sie Mozarts Konzert je gespielt hat - und wenn ja, wo - ist nicht überliefert. Die Musikwissenschaft hat Einflüsse von Mozarts Vorbild und Mentor Johann Christian Bach in diesem Werk herausgearbeitet. Und auch darauf hingewiesen, daß die Musik des abschließenden Variationssatzes Anklänge an die Ariette der Barbarina aus dem vierten Akt des Figaro enthält - gut möglich, daß sich Mozart beim Komponieren der Oper, etwa ein Jahr nach dem Klavierkonzert, der Melodie erinnert hat. Das Raffinement der Figaro-Musik mit ihren hintergründigen dramaturgischen Finessen bei vordergründig eingängiger Melodik scheint jedenfalls im B-Dur-Konzert von 1784 bereits vorweggenommen. Der Mittelsatz mit seinen immer dramatischer sich verdichtenden Variationen entwickelt sich zu einem Abenteuer mit unvorhergesehenen Wendungen und wird harmonisch immer reicher, immer gefährlicher zugespitzt. Die knappe h-Moll-Episode im Finale (auf dem Quintenzirkel weit entfernt von der Grundtonart) ist ein Nachklang dieser emotionalen »Reise« und unter den vielen Beispielen für Mozarts Überraschungs-Coups in diesem Werk vielleicht die verblüffendste und tiefgehendste.