Thomas Hampson
»Ich bin kein Pizzamann!«
Gespräch mit einem »Heimkehrer«
Juli 2010
»Es gibt nicht viel zu schreiben. Es geht gut vorwärts«, sagt Thomas Hampson und lacht. Das Lachen war ihm eine Zeit lang vergangen - denn die »Kriminalgeschichte«, in die man ihn in der Steiermark gezogen hatte, verleidete dem Künstler sämtliche Auftritte in Österreich. Doch die Hampson-lose Zeit ist nun vorbei. Schon vor Monaten kam ein zweizeiliger Brief, in dem man dem Kammersänger offiziell mitteilte, dass sich alle Anschuldigungen als haltlos erwiesen hätten. Anlässlich der Parsifal-Aufführung zum Finale der Ära Holender stand er wieder auf der Staatsopern-Bühne.
Verschlossene Türen. »Es war nicht möglich«, resümiert er die Zeit, die dem Comeback vorangegangen war, »Thomas Hampson als Künstler wahrzunehmen. Meiner Überzeugung nach ist ein Künstler ein Stellvertreter. Der Stellvertreter der Welt eines Mahler, Schumann, eines Giuseppe Verdi - ob ich im Kostüm auf der Bühne stehe oder auf dem Konzertpodium, tut nichts zur Sache. Das ist der Zauber der Künstler: Sie führen uns durch eine Tür in unsere eigene Fantasie. Und diese Tür hab ich nicht mehr aufmachen können!«
In diesem Land zumindest, das es, wie er sagt, »zugelassen hat«, dass über ihn »völlig haltlose Dinge« verbreitet wurden. Dass er jedoch am 30. Juni 2010 auf der Bühne stehen würde, stand für Hampson außer Frage: »Weil ich einen Vertrag hatte!« Verträgen wahrt er die Treue: "Da bin ich stur. Wenn ich einmal unterschrieben habe, singe ich auch. Es sei denn, ich werde krank. Sonst gibt es keine Ausrede."
Freilich gibt es gute Gründe, Verträge erst gar nicht zu unterschreiben. Nicht nur, wenn gerade ein ungerechter Prozess wie jener im Laufen ist, in den sich Hampson über Nacht verstrickt sah, »was mich besonders geschmerzt hat, weil das purer Nonsens war, offenbar wirklich eine rein politische Angelegenheit. Aber das ist vorbei, ich möchte vorwärtsdenken.«
Zum Beispiel an die Aufführung sämtlicher Mahler-Lieder aus Anlass der Mahler-Jahre 2010 und 2011 im Wiener Musikverein: »Musikvereins-Intendant Angyan ist immer bereitgestanden und hat sofort reagiert, als der entlastende Brief kam.« Daher wird Hampson nach der Aufführung sämtlicher Mahler-Symphonien in der vergangenen Saison nun Star der Darbietung des Liedschaffens des Komponisten im Goldenen Saal sein.
Der »ganze Mahler« - im wahrsten Sinne des Worte, denn es gäbe da, sagt Hampson, doch noch Missverständnisse zu klären: »Ich glaube zum Beispiel nicht daran, dass Mahler ein so todessüchtiger Mann gewesen ist, wie die Mär uns heute weismachen will.« Die Wahrheit über die Person Mahler könne man in der Musik gut nachhören.
Kein Kasperl für Regisseure. Der wahre Grund, warum Thomas Hampson heutzutage des Öfteren zögert, Verträge zu unterschreiben, ist das Unwesen des sogenannten »Regietheaters«. »Ich bin kein Pizzamann«, bringt Hampson die Sache auf den Punkt. Wenn er für eine bestimmte Rolle engagiert ist, dann will er auch genau in dieser Rolle auftreten und nicht als irgendetwas anderes.
Deshalb sorgt er vor: »Wir sind nicht mehr in der Welt, in der ich angefangen habe. ,Cosi fan tutte' ist nicht mehr ,Cosi fan tutte'! Ich muss ja eine Inszenierung nicht vorher sehen, aber ich schaue mir Bilder an und lasse mir genau berichten, was auf der Bühne vor sich geht." Wenn das mit dem Stück nicht wirklich zur Deckung zu bringen ist, dann sagt er erst gar nicht zu, "wie zum Beispiel bei Strauss' ,Arabella' in München. Man hat mir das sehr übel genommen.« Aber er hat keine Lust mehr, sich von einem Regisseur zum Kasperl machen zu lassen. Wiens künftiger Direktor hat dafür übrigens Verständnis signalisiert: »Dominique Meyer ist offen für Gespräche.«
Und die haben zunächst einmal ein Ergebnis gezeitigt: Übernächste Spielzeit wird Thomas Hampson in einer Serie einer neuen La Traviata-Inszenierung als Vater Germont unter Franz Welser-Mösts Leitung wieder auf der Staatsopern-Bühne stehen. Danach wird man sehen: »Wir reden.« Einige "ansehnliche" Inszenierungen hat das Haus ja noch zu bieten.
Welser-Möst als Fahnenträger. Und einen Generalmusikdirektor, den der Sänger sehr schätzt: »Ich habe ihm nach dem ,Parsifal', den er zu Ioan Holenders Abschied ja auch dirigiert hat, gesagt: ,Franz, Du bist der Fahnenträger der Qualität dieses Opernhauses.' Natürlich ist Dominique Meyer der Direktor, aber es ist so: Der Generalmusikdirektor hat die Fahne in der Hand.«
Apropos Traviata: Meister Verdi steht allenthalben auf Hampsons Opern-Menüplan. Zürich holt ihn für eine Neuproduktion der Masnadieri, Chicago für Macbeth - und auch nach der großen "Mahler"-Phase, die das Jahr 2011 für den Künstler bringt, folgt Verdi: »mein erster Jago in ,Otello' unter Daniele Gatti, mit dem ich ja auch meinen ersten ,Simon Boccanegra' einstudiert habe. Es ist eine Freude, mit so jemandem zu arbeiten!«
Vor dem Otello gibt es aber noch einen spezifisch amerikanischen Termin, den Hampson unbedingt wahrnehmen will: Am 11. September 2011, zum Jahrestag des Anschlags auf das Word Trade Center - »das ist für uns Amerikaner wirklich ein Stichtag« -, kommt in San Francisco ein Auftragswerk heraus. Es handelt von einem pensionierten amerikanischen Militär, der an diesem Tag sein Leben für die anderen Menschen aufgeopfert hat. Hampson: »Es ist eine Ehre, diesen großen Mann darstellen zu dürfen.«
Verschlossene Türen. »Es war nicht möglich«, resümiert er die Zeit, die dem Comeback vorangegangen war, »Thomas Hampson als Künstler wahrzunehmen. Meiner Überzeugung nach ist ein Künstler ein Stellvertreter. Der Stellvertreter der Welt eines Mahler, Schumann, eines Giuseppe Verdi - ob ich im Kostüm auf der Bühne stehe oder auf dem Konzertpodium, tut nichts zur Sache. Das ist der Zauber der Künstler: Sie führen uns durch eine Tür in unsere eigene Fantasie. Und diese Tür hab ich nicht mehr aufmachen können!«
In diesem Land zumindest, das es, wie er sagt, »zugelassen hat«, dass über ihn »völlig haltlose Dinge« verbreitet wurden. Dass er jedoch am 30. Juni 2010 auf der Bühne stehen würde, stand für Hampson außer Frage: »Weil ich einen Vertrag hatte!« Verträgen wahrt er die Treue: "Da bin ich stur. Wenn ich einmal unterschrieben habe, singe ich auch. Es sei denn, ich werde krank. Sonst gibt es keine Ausrede."
Freilich gibt es gute Gründe, Verträge erst gar nicht zu unterschreiben. Nicht nur, wenn gerade ein ungerechter Prozess wie jener im Laufen ist, in den sich Hampson über Nacht verstrickt sah, »was mich besonders geschmerzt hat, weil das purer Nonsens war, offenbar wirklich eine rein politische Angelegenheit. Aber das ist vorbei, ich möchte vorwärtsdenken.«
Zum Beispiel an die Aufführung sämtlicher Mahler-Lieder aus Anlass der Mahler-Jahre 2010 und 2011 im Wiener Musikverein: »Musikvereins-Intendant Angyan ist immer bereitgestanden und hat sofort reagiert, als der entlastende Brief kam.« Daher wird Hampson nach der Aufführung sämtlicher Mahler-Symphonien in der vergangenen Saison nun Star der Darbietung des Liedschaffens des Komponisten im Goldenen Saal sein.
Der »ganze Mahler« - im wahrsten Sinne des Worte, denn es gäbe da, sagt Hampson, doch noch Missverständnisse zu klären: »Ich glaube zum Beispiel nicht daran, dass Mahler ein so todessüchtiger Mann gewesen ist, wie die Mär uns heute weismachen will.« Die Wahrheit über die Person Mahler könne man in der Musik gut nachhören.
Kein Kasperl für Regisseure. Der wahre Grund, warum Thomas Hampson heutzutage des Öfteren zögert, Verträge zu unterschreiben, ist das Unwesen des sogenannten »Regietheaters«. »Ich bin kein Pizzamann«, bringt Hampson die Sache auf den Punkt. Wenn er für eine bestimmte Rolle engagiert ist, dann will er auch genau in dieser Rolle auftreten und nicht als irgendetwas anderes.
Deshalb sorgt er vor: »Wir sind nicht mehr in der Welt, in der ich angefangen habe. ,Cosi fan tutte' ist nicht mehr ,Cosi fan tutte'! Ich muss ja eine Inszenierung nicht vorher sehen, aber ich schaue mir Bilder an und lasse mir genau berichten, was auf der Bühne vor sich geht." Wenn das mit dem Stück nicht wirklich zur Deckung zu bringen ist, dann sagt er erst gar nicht zu, "wie zum Beispiel bei Strauss' ,Arabella' in München. Man hat mir das sehr übel genommen.« Aber er hat keine Lust mehr, sich von einem Regisseur zum Kasperl machen zu lassen. Wiens künftiger Direktor hat dafür übrigens Verständnis signalisiert: »Dominique Meyer ist offen für Gespräche.«
Und die haben zunächst einmal ein Ergebnis gezeitigt: Übernächste Spielzeit wird Thomas Hampson in einer Serie einer neuen La Traviata-Inszenierung als Vater Germont unter Franz Welser-Mösts Leitung wieder auf der Staatsopern-Bühne stehen. Danach wird man sehen: »Wir reden.« Einige "ansehnliche" Inszenierungen hat das Haus ja noch zu bieten.
Welser-Möst als Fahnenträger. Und einen Generalmusikdirektor, den der Sänger sehr schätzt: »Ich habe ihm nach dem ,Parsifal', den er zu Ioan Holenders Abschied ja auch dirigiert hat, gesagt: ,Franz, Du bist der Fahnenträger der Qualität dieses Opernhauses.' Natürlich ist Dominique Meyer der Direktor, aber es ist so: Der Generalmusikdirektor hat die Fahne in der Hand.«
Apropos Traviata: Meister Verdi steht allenthalben auf Hampsons Opern-Menüplan. Zürich holt ihn für eine Neuproduktion der Masnadieri, Chicago für Macbeth - und auch nach der großen "Mahler"-Phase, die das Jahr 2011 für den Künstler bringt, folgt Verdi: »mein erster Jago in ,Otello' unter Daniele Gatti, mit dem ich ja auch meinen ersten ,Simon Boccanegra' einstudiert habe. Es ist eine Freude, mit so jemandem zu arbeiten!«
Vor dem Otello gibt es aber noch einen spezifisch amerikanischen Termin, den Hampson unbedingt wahrnehmen will: Am 11. September 2011, zum Jahrestag des Anschlags auf das Word Trade Center - »das ist für uns Amerikaner wirklich ein Stichtag« -, kommt in San Francisco ein Auftragswerk heraus. Es handelt von einem pensionierten amerikanischen Militär, der an diesem Tag sein Leben für die anderen Menschen aufgeopfert hat. Hampson: »Es ist eine Ehre, diesen großen Mann darstellen zu dürfen.«