Tönende Varianten des katholischen Glaubens

10. Februar 1999
Manfred Honeck, ehemals Wiener Philharmoniker, bald langjähriger Chefdirigent von Pittsburgh Symphony, anläßlich seines Wien-Besuchs mit dem Leipziger Rundfunkorchester im Gespräch über die richtige Art, als Dirigent Karriere zu machen.

Manfred Honeck war einst Mitglied der Wiener Philharmoniker. Das Dirigieren schien ihm dann die effektivere Art, sich künstlerisch auszudrücken. Am Opernhaus Zürich und bei diversen symphonischen Orchestern hat er sein Repertoire aufgebaut. In Leipzig holte man ihn zum Rundfunkorchester - mit diesem gastiert Honeck an diesem Wochenende im Wiener Musikverein.

Demnächst ist er Erster Gastdirigent bei den Osloer Philharmonikern und Chefdirigent des Rundfunkorchesters von Stockholm, das spätestens seit der Aufbauarbeit von Sergiu Celibidache international Aufsehen erregen konnte. »Das skandinavische Musikleben«, erzählt Honeck, »ist reichhaltiger und qualitativ hochwertiger, als man hierzulande glaubt. «
Wo Musiker um eine Verlängerung der Probenzeit bitten, ohne Überstunden zu verrechnen, dort arbeitet ein Dirigent gern. In Oslo sollten, meint Honeck nach seinen jüngsten Erfahrungen, »etliche deutsche Orchester in die Schule gehen«. Durch diese spürbare Lust am Musizieren sei die Qualität eines Klangkörpers mühelos zu heben. Honeck ist aber ein Dirigent, der sich nicht nur Gedanken über technische Fortschritte einer Musikergemeinschaft macht, die er als Geiger ja auch von der »anderen Seite der Front« her genau kennt. Er stellt auch Programme für seine Konzerte zusammen, die für Hörer ungewöhnliche Aspekte und Einsichten bieten.

Nach Wien, wo er sich nach seinem philharmonischen Ausstieg »bewußt rar gemacht« hat, kehrt er jetzt mit einem Abend zurück, der zwei Aspekte romantischer katholischer Glaubensbekenntnisse in musikalischer Form enthalten wird. Giuseppe Verdis »Quattro pezzi sacri«, die letzten Werke des Meisters, und Anton Bruckners f-Moll-Messe, die Honeck durch zwei Motetten verlängert, weil sich dadurch Bruckners liturgische Absichten besser in den Konzertsaal transferieren lassen: »Zwischen Gloria und Credo war ja eine lange Pause, die wir so künstlich herstellen. Überdies haben wir damit zwei Vertonungen des Ave Maria im Programm, die von Bruckner und die von Verdi. « Da wird die Differenz von italienischer und österreichischer Frömmigkeit klanglich offenbar.

Und vor allem Verdis religiöse Ader: »Man behauptet immer, er wäre Agnostiker gewesen«, sagt Honeck, »das stimmt überhaupt nicht. Allein, wenn man beobachtet, bei welchen Textstellen sich der Komponist länger aufhält, wo er Wiederholungen zuläßt, spürt man, wie ernst es ihm mit der Bitte um Vergebung und dem Ausdruck der Hoffnung war.«

↑DA CAPO