Leonard Bernstein
1918 - 1990
Leonard Bernstein war sicher der einzige Dirigent der Ära nach 1945, der das Epitheton genial verdiente. War er doch, wie viele bedeutende Kapellmeister früherer Generationen, auch - und vielleicht zuallererst einmal Komponist.
Mit seiner West Side Story hat Berstein Musical-Geschichte geschrieben. Mit seinen groß angelegten Orchesterwerken versuchte er, die bekenntnishafte symphonische Tradition fortzuführen, die er als Dirigent nicht zuletzt mit dem Schaffen Gustav Mahlers und Dmitri Schostakowitschs so konsequent pflegte.
Die Karriere des Interpreten Bernstein, der auch ein fabelhafter Pianist war, begann nach Studien an der Harvard University bei Walter Piston mit Assistenten-Aufgaben bei Artur Rodzinski in New York.
Als Einspringer für den plötzlich erkrankten Bruno Walter übernahm Bernstein über Nacht eine Aufführung von Richard Strauss' Don Quixote, die im Rundfunk übertragen wurde.
Damit war Bernstein ein Star und sein Siegeszug als Dirigent nicht mehr aufzuhalten.
Dimtri Mitropoulos machte Bernstein 1957 zu seinem Kompagnon als musikalischer Leiter von New York Philharmonic und übergab ihm mit der Saison 1958-69 die alleinige Führung. Als Chefdirigent in New York sorgte Bernstein mit zahllosen im Fernsehen übertragenen pädagogischen Konzerten für die Popularisierung der sogenannten klassischen Musik.
Und er startete die erste Gesamtaufnahme der Symphonien seines Idols Gustav Mahler, die er als Gastdirigent auch in Europa konsequent auf seine Programme setzte.
Nach dem spektakulären Abgang Herbert von Karajans aus Wien, 1964, nutzte Bernstein das entstandene Vakuum und umarmte die Wiener Philharmoniker förmlich mit seinem Charme und seinen lukrativen Schallpatten- und Video-Projekten.
In den späten Sechziger- und in den Siebzigerjahren war Bernstein der führende Dirigent der Wiener Philharmoniker und nahm mit ihnen das gesamte große Repertoire auf.
An der Wiener Staatsoper begann diese gern als orchestrale Liebesbeziehung bezeichnete Partnerschaft mit der Premiere von Lucchino Viscontis Inszenierung von Verdis Falstaff mit Dietrich Fischer-Dieskau in der Titelpartie, die parallel zur Einstudierungsarbeit für Schallplatten produziert wurde.
An Opern folgten in Wien noch Der Rosenkavalier und Fidelio (zum Beethoven-Jahr 1970), der sieben Jahre nach der Premiere zwecks Video-Produktion und USA-Gastspiel noch einmal wiederaufgenommen wurde.
Zum 100. Geburtstag kamen einige von Leonard Bernsteins Video-Aufzeichnungen in HD-Qualität auf BluRay in den Handel. Darunter nicht zuletzt das Dokument einer wunderbar entspannten, musikantischen Aufführung von Haydn-Symphonien, die sonst ein höchst vernachläßigtes Leben in den Wiener Konzertprogrammen führen.
Die jüngste biographische Publikation zu Leonard Bernstein kommt aus Wien und behandelt auch vor allem die Beziehung des Dirigenten zu dieser Stadt.