Die leisen Töne des Meisters

Mstislav Rostropowitsch gab im Musikverein eine Lektion in Musikantentum.

6. Oktober 2003
Die Beziehungen zwischen dem wohl berühmtesten Cellisten der Welt und Wien waren einmal sehr getrübt.
Es gab Zeiten, da hat Mstislav Rostropowitsch den Wienern nicht verziehen, daß einige von ihnen seine dirigentischen Bemühungen um Johann Strauß nicht ästimierten.

Nun, das ist gottlob längst Geschichte. Wenn Rostropowitsch jetzt auf dem Musikvereins-Podium erscheint, dann bevölkert Prominenz vom Bundeskanzler abwärts Logen und Parkett - und man bejubelt einen singulären Musikanten.
Das Musikantentum nämlich ist es, was Rostropowitschs Spiel nach wie vor unvergleichlich macht. Spielt er zwei bedeutende Cellokonzerte wie jenes von Haydn in C-Dur und jenes von Dvořák, dann werden, so scheint es, die prominentesten Philharmoniker seine Schüler, hängen an seinen Augen und - vor allem - an seinem Bogen, machen mit ihm Kammermusik, bereit, sich jeder Regung des Solisten unterzuordnen.

So lauschte man diesmal herrlichen Holzbläser-Einwürfen und satten Streicherklängen, die sich willig als Kompagnons oder tragfähiger Untergrund von Rostropowitschs Kantilenen präsentierten.
Und dort, wo der Gestaltungskünstler sein Spiel in scheinbar unhörbare Pianissimi zurücknahm, bewiesen die Philharmoniker, dass sie auch noch unhörbarer werden können, ohne den Klang ins Nebulose, Inkonsistente rutschen zu lassen.

Wer angesichts solcher musikantischer Höhenflüge anmerken wollte, daß vor allem bei Haydn mancher Solo-Ton unsauber geriet, dem fehlt wohl der Sinn fürs große musikalische Ganze, das diesmal der willig begleitende Dirigent Seiji Ozawa nur bei Schuberts einleitender Unvollendeter ein wenig aus den Augen zu verlieren schien. Da stimmte man sich mit vielen herrlich abgetönten Details ein auf klangliche Subtilitäten, die hernach Form annehmen sollten.

↑DA CAPO