Der Jakobiner

Antonín Dvořák    (1888)

Text von Marie Červinková-Riegrová und František Ladislav Rieger.

Der Jakobiner war Antonín Dvořáks siebente Oper, entstanden zwischen der »Boris Godunow«-Oper Dimitrij (1882) und der Komödie Die Teufelskäthe (1899). Instrumentalwerke in direkter Nachbarschaft zum Jakobiner sind das Klavierquintett und die G-Dur-Symphonie - also zwei der schönsten, geistreichsten Werke aus der Feder dieses Komponisten.

Dvořáks musikalischer Stil war vollkommen gefestigt. Als weniger konsistent und schlagkräftig entpuppte sich die Handlung des Opernstoffs, den er gewählt hatte.

Die Handlung

Der Titel ließe auf ein Revolutionsdrama schließen, doch, weit gefehlt, es geht um Liebesgeschichten und Heiratssachen, und zwar solche, in die nicht einmal der Titelheld selbst verwickelt ist; und um Herrschaftsansprüche.

Spannungen bestehen lediglich zwischen einem verstockten alten böhmischen Adeligen und seinem Sohn Bohuš, der als Freigeist nach Paris verbannt worden war und nun, glücklich verheiratet und alles andere als ein Revoluzzer, in die Heimat zurückkehrt.

Als seine »politischen« Rivalen entpuppen sich Cousin Adolf, dem der alte Vater die Regentschaft versprochen hat, und ein mißgünstiger Burggraf, der bereit ist, alle verdächtigen Elemente ins Gefängnis zu werfen.

Die beiden zanken sich jedoch nicht um Bohuš' Frau Julia, was immerhin noch Stoff für tiefgehende Konflikte geborgen hätte, sondern um Terinka, das Töchterchen des Dorfschullehrers Benda, der in seiner gemütlich-verständigen Art bald zum eigentlichen Helden des Dramas wird. Dvořák setzte hier seinem eigenen Musiklehrer Antonin Liehmann ein Denkmal - und dessen Tochter Terinka, die sogar ihren Namen behalten durfte! Diese Bühnen-Terinka bekommt weder der Burggraf noch Adolf, sondern ein netter Bauernbursche. Versteht sich, daß der Graf nach Entlarvung der Bösewichte zuletzt auch seinem Sohn Bohuš vergibt und ihn mit seiner Julia zum Erben einsetzt.

Dvořák gelang es, die unbeholfene Dramaturgie mit einer Fülle herrlicher Musik zu fluten. Die melodischen Einfälle machen es Opernfreunden leicht, das Stück einfach als harmlose Dorf-Komödie zu akzeptieren.

Aufnahme

Das Label Supraphon hat sich Ende der Siebzigerjahre des Werks angenommen und holte noch einmal einen Sänger ins Tonstudio, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg wie kaum ein Zweiter für das böhmische Repertoire verdient gemacht hatte: Der Tenor Beno Blachut feierte während der Aufnahmesitzungen seinen 64. Geburtstag - und lieferte nach zahlreichen prächtigen lyrisch-heldischen Rollenportraits nun eine liebenswerte Charakterisierung des alten Dorfschullehrers. Sie erreicht ihren Höhepunkt in der charmant frei nach Lortzings Zar und Zimmermann gestalteten Einstudierung der Willkommens-Hymne für den Grafen und seinen Neffen am Beginn des Zweiten Akts. Ein wenig mehr Energie von Seiten des Brünner Opernorchesters unter Jiří Pinkas hätte der Produktion gut getan - immerhin: Man kann die musikalischen Qualitäten dieser sympathischen böhmischen Oper erahnen.

DA CAPO

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