Rusalka
Antonín Dvořák,
op. 114
(1900)
Lyrisches Märchen in drei Akten
Text: Jaroslav Kvapil
Das Werk
Nur Smetanas Verkaufte Braut hat es auf der Beliebtheitsskala international noch weiter hinauf geschafft. Im übrigen ist Antonín Dvořáks Märchenoper, lange nach der berühmten letzten Symphonie, der aus der Neuen Welt entstanden, die wichtigste böhmische Oper auf den Spielplänen der internationalen Opernhäuser.
Rusalkas Lied an den Mond wiewohl textlich ein Zungenbrecher - »Mĕsíčku na nebi hlubokém« ist eine Wunschkonzert-Nummer geworden wie manche Sopranarie von Puccini.
Es war der böhmische Poet Jaroslav Kvapil (1868-1950), der sich im Jahr 1900 über den Umweg der Oper als 31jähriger das Theater erobern wollte. (Er wurde später der fortschrittliche Dramaturg und Regisseur des Prager Nationaltheaters und führte danach das Prager Vinohrady-Theater.)
Inspirieren ließ sich Kvapil zu seinem Opernlibretto von der schon mehrfach musiktheatralisch genutzten Erzählung Undine von Friedrich de la Motte Fouqué und dem Märchen Die kleine Meerjungfrau von Hans Christian Andersen, die wenig später als Vorlage für Alexander von Zemlinskys gleichnahmige Tondichtung dienen sollte.
Auch Elemente aus den auf slawischen Legenden aufbauenden Märchen-Dichtungen Karel Jaromir Erbens (von denen einige als Vorlagen für Antonín Dvořáks späte Tondichtungen dienten) und sogar aus dem damals neuen symbolträchtigen Märchendrama Die versunkenen Glocke von Gerhard Hauptmann (1897 publiziert) sind in Kvapils Text eingeflossen.
Kvapils Adressaten waren zunächst die junge tschechische Komponistengeneration mit Johan Bohuslav Foerster, Karl Kovařovic und Josef Suk, Dvořáks Schwiegersohn.
Doch alle winkten ab. Damit, daß der führende Komponist seines Landes sich für seinen Operntext interessieren könnte, hatte Kvapil gar nicht gerechnet. Doch Dvořák, der auf Vermittlung eines Freundes bereit war, das Libretto zu lesen, fing sogleich Feuer.
Er konnte seine dramatische Tonsprache, die er 1895/96 an wunderbaren symphonischen Dichtungen nach Vorlagen K. J. Erbens kultiviert hatte, mit diesem verwandten Sujet für die Opernbühne nutzbar machen.
Entsprechend rasch ging ihm die Arbeit von der Hand. Der erste Akt entstand zwischen dem 21. April und 8. Mai 1900 und lag am 27. Juni in Partitur vor. Währenddessen entstand bereits der Mittelakt, der am 4. September beendet war. Der dritte folgte bis 27. November. Themenmaterial fand Dvořák reichlich in seinem zwischen 1892 und 1895 angelegten, sogenannten »Amerikanischen Skizzenbuch«.
Die sorgfältig vorbereitete und mit den besten Kräften des Hauses besetzte Uraufführung im Prager am 31. März 1901 markierte einen Höhepunkt in Dvořáks Komponistenleben - durchaus adäquat dem Erfolg, den er mit der legendären New Yorker Uraufführung der Symphonie »Aus der Neuen Welt« acht Jahre zuvor einheimsen konnte.
In Prag war 1981 die 1400. Aufführung zu sehen.
Gustav Mahler, der schon die Tondichtungen Dvořáks in den philharmonischen Konzerten in Wien aufgeführt hatte, wollte Rusalka an der Wiener Hofoper herausbringen. Das wurde allerdings durch Intrigen vereitelt.
Doch war die Oper in Deutschland (Erstaufführung 1929 in Stuttgart), den USA, (1935, Chicago) oder England, (erst 1959, London) zum Publikumsliebling geworden. Von der grandiosen Einstudierung der (schon 1981 in München herausgebrachten) Inszenierung Otto Schenks an der Wiener unter Václav Neumanns Leitung gibt es einen exzellenten Live-Mitschnitt. Schenk hatte damals zwar die Szenen von Küchenjungen und Jäger gestrichen, doch ist das orchestrale Spiel nebst den exzellenten Gesangsleistungen von Gabriela Benackova, Peter Dvorsky und Jewgeni Nestrenko von hinreißendem Zuschnitt. (Orfeo)
Die Handlung
Handelnde Personen
Drei Elfen - 2 Soprane, Alt
Der Wassermann - Baß
Rusalka, seine Tochter - Sopran
Ježibaba, die Hexe - Mezzosopran
Ein Jäger - Tenor
Der Prinz - Tenor
Heger - Bariton
Küchenjunge - Mezzosopran
Die fremde Fürstin - Sopran
I. Akt
Der Gesang der Elfen lockt den alten Wassermann aus den Tiefen des Sees herauf. Die traurige Rusalka bittet ihn um Rat: Sie hat sich in den schönen jungen Prinzen verliebt und möchte ihm zuliebe zur Menschenfrau werden. Der Wassermann warnt sie zwar vor den Menschen, rät ihr aber, die Hexe Ježibaba aufzusuchen. Die kann ihr menschliche Eigenschaften verleihen, aber nur dann, wenn Rusalka bereit ist, stumm zu bleiben und sich dem Spruch zu unterwerfen: Sie und ihr Geliebter würden auf ewig verdammt, sobald er ihr untreu wird. Die Stimme des Wassermanns ertönt, als die Hexe den Zauberspruch spricht.
Auf Jagd, verirrt sich der Prinz zum Weiher - und wird Rusalkas gewahr. Die Schönheit des Mädchens bezaubert ihn. Wiewohl sie stumm bleibt, nimmt er sie mit auf sein Schloß.
II. Akt
Vorbereitungen für einen Ball im Schloß. Heger und Küchenjunge fürchten sich vor der geheimnisvollen Rusalka, doch soll eine fremde Fürstin den Prinzen längst umgarnt haben...
Der Prinz beschwört Rusalka, ihm ein Zeichen ihrer Liebe zu schenken. Die fremde Fürstin verhöhnt die stumme Braut. Der Ball beginnt, die Stimmen der Natur erklingen unheilverkündend. Rusalka klagt dem Wassermann ihr Leid. Als der Prinz sich der fremden Fürstin zuwendet, stürzt Rusalka in seine Arme - der Wassermann erhebt drohend seine Stimme: Nie wieder werde sich der Prinz von ihr befreien können. Die fremde Fürsin wendet sich mit höhnischer Gebärde ab.
III. Akt
Durch di Untreu ihres Geliebten ist Rusalka nun zu einem Dasein als Irrlicht verdammt. Die Hexe Ježibaba raunt ihr zu: Nur Menschenblut kann die Nixe von dem Fluch befreien.
Heger und Küchenjunge erscheinen schlotternd: Die Hexe möge sich des Prinzen annehmen, der unter einem seltsamen überirdischen Bann zu stehen scheint. Doch Ježibaba verscheucht die beiden mit Hilfe des Wassermanns.
Ins scheinbar Idyll dringt der verzweifelt Prinz ein, er ruft nach dem schneeweißen Rehe, das ihn einst zu Rusalka geführt hat. Da erscheint Rusalka selbst. Der Prinz gibt sich todesmutig in ihre Hand. Ein ekstatischer Kuß setzt seinem Leben ein Ende. Rusalka sinkt in die Tiefen des Sees zurück.