Carl Maria von Weber (1786-1826)

Was man über den Meister des "Freischütz" noch wissen sollte

Als Meister des → „Freischütz“ ist er unsterblich geworden. Aber Carl Maria von Weber war in vielerlei Hinsicht ein bahnbrechender Komponist. Das ahnen außer Freunden der deutschen Romantik in der Regel nur Klarinettisten.
Ihnen hat Weber zwei herrliche Konzerte geschenkt, die neben dem Solitär aus der Feder von Mozart - mit dem Weber übrigens über zwei Ecken verschwägert war (Ehefrau Konstanze war ja eine „Weberische“) - sind Webers Klarinettenkonzerte die wichtigsten Stücke dieses nicht eben reich beschenkten Genres.
Aber auch für Pianisten wäre die Beschäftigung mit Werken dieses Komponisten lohnend. Freilich, in Zeiten, in denen die deutsche Romantik nicht hoch im Kurs steht, besteht wenig Hoffnung, daß sich viele brillante Virtuosen mit den Weberschen Sonaten auseinandersetzen könnten, wie das einst der große Swjatoslaw Richter mit Freude getan hat. Aber vielleicht wendet sich das Blatt wieder einmal. Inzwischen gibt es einige Aufnahmen, die hören lassen, wie sich da raffinierte Klaviertechnik mit klassischer Formbeherrschung und zuweilen beseeltem Ausdruck vereinen.
Daß man auf Weber nie ganz vergessen wird, verdanken wir freilich dem Freischütz, dem Inbegriff der romantischen Oper, die den „deutschen Wald“ zum Bühnenthema macht - samt mitternächtlichem Geisterspuk und biedermeierlicher Schrulligkeit. Nummern wie der „Jägerchor“ sind dauerhafte Ohrwürmer, die geradezu volkstümlich geworden sind.
Ohne die düstere „Wolfsschluchtszene“ wiederum wäre Wagner nicht denkbar. Das „wilde Heer“ reitet erst wieder in der „Walküre“ so orkanartig über die Szene.

Die Popularität dieser Oper hat keine der beiden anderen großen Bühnenwerke Webers erreichen können. Obwohl sowohl in Euryanthe- auch jenseits der feurigen Ouvertüre - als auch in der „Sommernachtstraum“-Adaptiion Oberon viel herrliche Musik steckt.
In beiden Fällen liegt‘s (wie sooft) an der mangelnden Stringenz der Dramaturgie und an gewöhnungsbedürftig fabulierenden Libretti. Immerhin dem „Oberon“ gilt eine exzellente Gesamtaufnahme, die vor allem dank des Dirigenten Rafael Kubelik in jede Diskothek gehört.

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und warum kaum Chancen bestehen, das Werk wirkungsvoll auf die Bühne zu bringen...

Oberon ist, die Geschichte hat es längst erwiesen, ein unaufführbares, gleichwohl mit zauberhafter Musik ausgestattetes Werk. Des Textdichters J. R. Planche überbordende Phantasmen verhindern seit der Uraufführung einen Erfolg. Das Feenkönigspaar Oberon und Titania gelüstet's nach Abwechslung. Oberon liebt die morgenländische Prinzessin Rezia, Titania den fränkischen Helden Hüon. Das sorgt für Eifersüchteleien, zu deren Beschwichtigung ein Seelenverwirrspiel angezettelt wird: Rezia und Hüon werden einander zugeführt und etlichen Prüfungen ausgesetzt. Die Vorgabe: Sie müssen einander treu bleiben. Brechen sie den Bund, dann verfallen sie Oberon und Titania. Sie brechen aber nicht. Nicht einmal hundert hübsche Haremsdamen machen den wackeren Hüon schwach. Auch Rezia bleibt fest. Und das zwei lange Akte hindurch. Dergleichen Standhaftigkeit ist moralisch gewiß unanfechtbar, auf dem Theater aber von geradezu katastrophaler Wirkung. Bis heute ist es keinem Regisseur gelungen, das Stück spannend zu erzählen - ohne die herrliche Musik Webers zu desavouieren. Womit sollte man drei Stunden lang das Publikum bei Laune halten, wenn das erwartete psychologische Wirrsal ausbleibt? Also: Augen zu - Ohren auf. Es gibt wunderbare Aufnahmen des "Oberon", am schönsten klingt die von Rafael Kubelik dirigierte auf DG.

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