Aida

Auswahl-Diskographie

→ DISKOGRAPHISCHE EMPFEHLUNGEN
zu den subjektiven Prinzipien

Die Partien in der Reihenfolge:
Aida - Radames - Amneris - Amonasro - Ramphis


Tullio Serafins Aufnahme von 1955 mit den Kräften der Mailänder Scala gebührt die Palme - gewiß nicht wegen des sicheren, aber nicht aufwühlenden Dirigats, aber unbedingt wegen der singulären, in allen Punkten schwer zu übertreffenden Besetzung: Wie sonst nur noch im Belcanto-Berich triumphiert hier Maria Callas über die gesamte Sopranisten-Konkurrenz. Die Aufnahmegeschichte mag sicherer anvisierte hohe Cs in der Nil-Arie kennen, aber keine Interpretation der Titelpartie, die so in allen Phasen einen Charakter lebendig werden läßt. Richard Tucker dazu als viriler, bombensicherer Radames, Fedora Barbieri als Amneris, die in der Gerichtsszene zur Hochform aufläuft, und Tito Gobbi, der als Amonasro - wie die Callas als Aida - keine Konkurrenz zu scheuen hat.



Tullio Serafin hat schon ein Jahrzehnt zuvor in Rom Aida aufgenommen - mit Maria Caniglia, Beniamino Gigli, Ebe Stignani und Gino Bechi (HMV)

 

Arturo Toscanini - Herva Nelli, Richard Tucker, Eva Gustavson, Giuseppe Valdengo, Norman Scott (New York 1949 - RCA)

Toscaninis Aufnahme ist tatsächlich »Toscaninis Aufnahme«, der Maestro dominiert absolut, schon weil nur die Herren seinem Impetus Paroli bieten können, Herva Nelli und Eva Gustavson verblassen im dramatisch aufgeputschten Stimmengeflecht der Musik. Wer freilich über die Kunst der Verdi-Phrasierung auch von Violinen, Oboen und Celli etwas erfahren möchte, ist hier natürlich richtig. In vielen Passagen »singt« das Orchester schöner als die Solisten - und es kommt in keinem Moment auch nur die geringste Langeweile auf, obwohl es sich um eine konzertante Aufführung handelt: Das Video-Dokument ist schon wegen Toscannis Mienenspiel eine Studie wert! (Warner)



Victor de Sabata - Gina Cigna, Beniamino Gigli, Ebe Stignani, Ettore Nava, Tancredi Pasero (Mailand 1937 - Eklipse)

Diese Aufnahme dokumentiert ein dramatisches »Match« zwischen eigenwilligen Singschauspielern, angeführt vom Duo Gigli - Cigna, und dem Maestro Victor de Sabata, der für vulkanöse Dramatik sorgt. Allerdings - es sei ausdrücklich gewarnt! - auf Grund des Aufnahmealters nur für »tiefschürfende« Hörer überhaupt erträglich.

Ettore Panizza - Gina Cigna, Giovanni Martinelli, Bruna Castagna, Carlo Morelli, Ezio Pinza

(New York, 1937)

Aus dem selben Jahr wie die De-Sabata-Einspielung, Dokument des damaligen Standards an der Met und nicht zuletzt wegen Ezio Pinzas Ramphis eine Recherche bei den Streaming-Plattformen wert! Ebenso die folgende Einspielung, zwei Jahre später am selben Ort entstanden, weil da Zinka Milanov (siehe auch 1955) ins »Aida«-Aufnahmeleben tritt und Gigli noch einmal den Radames gab (zwei Jahre später ist noch ein Auftritt in dieser Partie aus London dokumentiert).

Ettore Panizza - Zinka Milanov,  Beniamino Gigli,  Bruna Castagna,  Carlo Tagliabue

(New York, 1939)

Thomas Beecham - Maria Caniglia,  Beniamino Gigli,  Ebe Stignani,  Armando Borgioli, Corrado Zambelli(London, 1939)

Technisch problematisch, aber nicht zuletzt wegen der bis zum hohen Es reichenden »Höhenjagd« im Triumphakt aktenkundig, der erste Livemitschnitt einer Aida-Aufführung mit Maria Callas:

Guido Picco - Maria Callas,  Kurt Baum,  Giulietta Simionato,  Robert Weede, Nicola Moscona

(Mexiko, 1949)

Alberto Erede - Renata Tebaldi,  Mario Del Monaco,  Ebe Stignani,  Aldo Protti, Dario Caselli

(Rom 1952, Decca)

Ionel Perlea - Zinka Milanov,  Jussi Björling,  Fedora Barbieri,  Leonard Warren, Boris Christoff

(Rom, 1955 - RCA)

Eine in beinahe allen Punkten exzellente Gesamtaufnahme, was die Sänger-Leistungen betrifft, fokussiert auf den beängstigend-machtvollen Ramphis von Boris Christoff, der eine singuläre Interpretation dieser Partie bietet.

Sir John Barbirolli - Maria Callas,  Kurt Bahm,  Giulietta Simionato,  Jess Walters,  Giulio Neri

(Rom, 1955 - RCA)

Um die Callas im Zusammenspiel mit einem großen Dirigenten zu erleben, muß man den Livemitschnitt aus der Londoner Covent Garden Oper hören, wo die Diva mit Sir John Barbirolli nicht nur in der großen Linie, sondern auch in unendlich vielen kleinsten Details ein grandioses Beispiel für Verdis dramatische Kunst liefert: Der miserablen Tontechnik zum Trotz ein Juwel - zumal mit Giulietta Simionato auch eine würdige Gegenspielerin der Callas als Amneris zu hören ist.

Herbert von Karajan - Renata Tebaldi,  Carlo Bergonzi,  Giulietta Simionato,  Cornell MacNeil, Arnold Van Mill (Wien, 1955, Decca)

Vielleicht das rundum überzeugenste Set: Die Tebaldi in Glanzform, Simionato furios wie unter Barbirolli, Bergonzi stilistisch und technisch unfehlbar und van Mill ein echter »Basso cantante«, ganz adäquat Karajans philharmonischer Orchesterbehandlung.

Georg Solti - Leontyne Price,  Jon Vickers,  Rita Gorr,  Robert Merrill, Giorgio Tozzi

(Rom , 1961 - RCA)

Zubin Mehta - Birgit Nilsson,  Franco Corelli,  Grace Bumbry,  Mario Sereni, Bonaldo Giaiotti

(Rom, 1966 - HMV)

Eine Aufnahme, die wegen der Besetzung aufhorchen läßt: Freilich, die Nilsson scheint stilistisch einigermaßen »neben der Verdi-Spur« überwältigt freilich in den Momenten der großen Emotion und führt die Ensembles souverän an; sie läßt allerdings auch erstaunlich flexible Phrasen hören und erklimmt das hohe C in der Nilarie vollkommen mühelos. Dazu kommt Franco Corellis nicht minder furchtloses - und im Falle der Celesta Aida in unfaßbar weiten Pharsen geatmetes Singen, das schon technisch ein Ereignis für sich ist. Ein Rest von Opern-Zirkus bleibt bei Aufnahmen dieses Sänger-Duos sozusagen auf natürliche Weise erhalten - der von Zubin Mehta eher schnoddrig dirigierten Einspielung gingen Live-Aufführungen an der New Yorker Metropolitan Opera voraus.

 

Thomas Schippers - Leontyne Price,  Carlo Bergonzi,  Grace Bumbry,  Robert Merrill, Jerome Hines (New York, 1967)

Erich Leinsdorf -  Leontyne Price,  Plácido Domingo,  Grace Bumbry,  Sherrill Milnes, Ruggero Raimondi

(London, 1970 - RCA)


Herbert von Karajan - Mirella Freni, José Carreras, Agnes Baltsa Studio, Piero Cappuccilli, Nicolai Ghiaurov (Ramphis), Ruggero Raimondi (Il Re)(EMI)

Dokument einer Salzburger Festspiel-Produktion in riskanter Besetzung. Karajan wollte lyrische, jugendliche Stimmen - und holte sich neben der Freni José Carreras, der in manchen Passagen schlicht überfordert klingt, wenn er auch andere so behutsam und zärtlich gestalten kann wie kein »typischer« Radames das kann. Im heikelsten Augenblick des Duetts im Nilakt nutzt er sein nicht gerade attraktives Falsett-Register, eine Ersatzvornahme, mehr nicht, wenn auch manche Schallplattenkritiker das lobenswert finden. Im Sinne der klassischen »Lehre« krass unterbesetzt auch die Amneris von Agnes Baltsa; ein Wagnis, das man live im Festspielhaus gar nicht einzugehen versuchte: Da sangen Marilyn Horne und Ruza Baldani die Partie. Live kamen die Festspielbesucher auch in den Genuß von Nicolai Ghiaurovs Ramphis, den auf der Schallplatte Ruggero Raimondi singt - er war in Salzburg der König von Ägypten (im Studio: José van Dam).



Lorin Maazel - Maria Chiara, Luciano Pavarotti, Ghena Dimitrova, Leo Nucci, Paata Burchuladze

Lange gewartet hat die Musikwelt hingegen auf den Radames von Luciano Pavarotti: Er kam, sang und siegte in San Francisco an der Seite von Leontyne Price und (alternierend) Margaret Price (!), es folgten Aufführungen in Berlin mit der ausdrucksstarken Julia Varady in der Titelpartie (1982) und in Wien unter Lorin Maazel mit der souveränen Maria Chiara (1984).
Maazel holte dann eine ähnliche Besetzung an die Mailänder Scala, wo man mit einer Neuproduktion der Aida die Saison 1985/86 eröffnete - von dieser Aufführung existiert eine Videodokumentation, die paradoxerweise vielleicht nicht zu den sehens- aber sicher zu den hörenswertesten Aufnahmen des Werks gehört und auch auf CD erschien (Decca)

↑DA CAPO

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