Alfonso und Estrella
Franz Schuberts vielleicht erfolgversprechendster Opernversuch.
Die große Sehnsucht Franz Schuberts, des Liederfürsten, galt der Oper. Vom Singspiel des 16jährigen, Des Teufels Lustschloß bis zu den Versuchen mit der großen Opernform zieht sich ein - im wesentlichen hoffnungsloser - Musiktheater-Strang durch Schuberts Schaffen. Auch wenn er immer wieder versuchte, alle Vorgaben der Wiener Theaterdirektoren zu erfüllen: Keinem seiner Bühnenwerke war Erfolg beschieden.
Doch waren Hürden zu überwinden, mit denen Schober und Schubert nicht gerechnet hatten. Eigentlich hatte man gedacht, der Schubert-Freund und führende Lied-Interpret Michael Vogl würde sich für eine Aufführung des Stücks an der Hofoper stark machen. Doch Vogl war von Alfonso und Estrella alles andere als angetan und lehnte ab. Auch die berühmte Sopranistin Anna Milder-Hauptmann, als Lied-Interpretin nicht minder Schubert zugetan, winkte ab: Sie war in Berlin engagiert, wo man, so beschied sie den Autoren, für romantische Opern kein Sensorium hatte.
Carl Maria von Weber, gerade Hofkapellmeister in Dresden, zeigt zwar Interesse an Schuberts Oper, zog sich aber zurück, als der Kollege sich wenig vorteilhat über seine in Wien uraufgeführte Euryanthe äußerte.
Auch aus Graz, wohin Schubert die Partitur zur Ansicht geschickt hatte, lehnte Alfonso und Estrella ab. Da begann Schubert Teile des Werks für andere Zwecke zu nutzen. Die Ouvertüre fand Eingang in die Schauspielmusik zur Rosamunde. Zwei Arien für Baß, Nr. 8 (»Doch im Getümmel der Schlacht«) und Nr. 13 (»Wenn ich dich, Holde, sehe«) erschienen separat als Klavierlieder im Druck. Das »Lied der Wolkenjungfrau« (Nr. 11) ging in leicht veränderter Form durch Unterlegung des Textes zu »Täuschung« in den Liederzyklus Winterreise ein - wurde also - wenn auch auf einen anderen Text gesungen - zum bekanntesten Teil der Oper.
Kurioserweise ist Alfonso und Estrella, das der Komponist nie zu hören bekam, eine der bestdokumentierten Werke Franz Schuberts: Die Partitur-Reinschriften, die nach Berlin bzw. nach Graz gingen, hat er nie zurückbekommen - und sie existieren beide noch!
Es war - wie sooft - Franz Liszt, der sich des Werkes posthum annahm: 1854 veranstaltete der Schubert-Verehrer auf Betreiben Franz von Schobers die Aufführung einer stark gekürzten Version am Weimarer Hoftheater. Der französische Verleger Escudier, den Liszt auf »cette charmante musique« aufmerksam gemacht wurde, lehnte es ab, die Partitur zu drucken. In den Achtzigerjahren des XIX. Jahrhunderts kam in Karlsruhe, an der Wiener Hofoper (1882) und anderen Häusern eine arg korrumpierte Fassung auf die Bühne, die auch in Form eines Klavierauszugs erschien. Jahrzehnte später arbeitete Kurt Honolka in guter Absicht die Melodien der Oper zu einem Pasticcio nach Shakespeares Der Sturm um, das unter dem Titel Die Wunderinsel in Stuttgart und später auch im Linzer Landestheater (1958) gegeben wurde.
Das Original erschien erst in den 1990er-Jahren im Rahmen der Schubert-Gesamtausgabe. 1949 erklang das Stück in einer konzertanten Version in Radio Beromünster. Die erste ungekürzte szenischen Aufführung fand 1977 in englischer Sprache an der Reading University statt. Die deutschsprachige Erstaufführung dirigierte Mario Venzago 1991 in jener Stadt, an die Schubert bereits als Uraufführungsort gedacht hatte - in Graz.
Mauregato, König von León (Bariton)
Estrella, seine Tochter (Sopran)
Adolfo, sein Feldmarschall (Baß)
Hauptmann von Mauregatos Wache (Tenor)
Froila, vertriebener König (Bariton)
Alfonso, sein Sohn (Tenor)
Ein Mädchen (Sopran)
Ein Junge (Tenor)
Erster Akt
Froila, der rechtmäßige König von León, lebt in einem einsamen Tal im Exil. Mauregato hat ihn entthront. Froilas Sohn, Prinz Alfonso, möchte die Königswürde zurückerobern. Doch Froila erlaubt ihm nicht zu revoltieren. Doch überreicht er Alfonso die Kette Eurichs, seines königlichen Vorgängers. - - Im Palast von Oviedo: Estrella, die Tochter des unrechtmäßigen Herrschers Mauregato, will zur Jagd aufbrechen, als Adolfo, siegreich vom Kampf gegen die Mauren zurückgekehrt, um ihre Hand anhält. Doch Mauregato weist ihn zurück: Nur der Besitzer von Eurichs Kette darf sich mit Estrella vermählen. Adolfo schwört Rache.
Zweiter Akt
Froila singt auf Alfonsos Bitte das alte Lied von der Jungfrau in den Wolken, die einem Jäger als fantastische Vision erscheint und ihn in den Tod lockt. Alfonso betrachtet den Gesang als Boten seines Schicksals - da erscheint Estrella, die sich auf der Jagd verirrt hat. Die irreale Situation gemahnt an das Lied - Estrella faßt Zuneigung zu Alfonso und empfängt aus seinen Händen Eurichs Kette. -- In Oviedo führt Adolfo inzwischen eine Verschwörertruppe im Namen des totgeglaubten Froila an, um Mauregato zu stürzen. Der ist entsetzt, als die heimkehrende Estrella die königliche Kette trägt - sie erinnert ihn an seine Untat. Estrella ist entschlossen, den unbekannten jungen Mann, dem sie das Kleinod verdankt, zu heiraten. Sie fordert den Vater auf, Adolfos Aufstand niederzuschlagen.
Dritter Akt
Der Kampf beginnt. Estrella, auf der Flucht vor Adolfos Truppen, wird von Alfonso gerettet, der siegreich in die Stadt einzieht. Mauregato sucht den Dialog mit Froila, der ihm vergibt. Auch Adolfo wird entsühnt Das Volk huldigt Alfonso und Estrella, dem neuen Königspaar.
Ein Versuch mit dem Werk wurde mit Luba Orgonasova und Thomas Hampson bei den Wiener Festwochen im Theater an der Wien gestartet, wobei Jürgen Flimms Inszenierung nicht wirklich zur Verständlichkeit der Handlung beitrug, sich aber Nikolaus Harnoncourt mit Herzblut für Schuberts Musik engagierte. (Naxos)
Eine edel besetzte Gesamtaufnahme entstand zu DDR-Zeiten in Berlin unter Otmar Suitner und vereint die an Schubertliedern erprobten Stimmen Edith Mathis, Peter Schreier, Dietrich Fischer-Dieskau, Theo Adam und Hermann Prey. (Brillant Classics)
Schaffensrausch im Duett
Eine der ehrgeizigsten Unternehmungen galt der dreiaktigen romantischen Oper Alfonso und Estrella, Schuberts einziger Versuch mit der durchkomponierten Form, die ganz auf gesprochene Dialoge verzichtet. Das Libretto stammte aus der Feder von Schuberts Freund Franz von Schober. Das Werk entstand im September 1821 bei einem gemeinsamen Aufenthalt der beiden jungen Männer aus Wien in St. Pölten. Man arbeitete im selben Raum, Schubert setzte Schobers Texte unmittelbar nach deren Fertigstellung sofort in Musik. Nicht einmal einen Monat nahm die Komposition des ersten Akts in Anspruch, Die Akte 2 und 3 entstanden nach der Rückkehr des Autorenduos nach Wien vom 18. Oktober 1821 bis zum 27. Februar 1822.Keine Chance auf eine Premiere
Ein Jahr später, unmittelbar vor der geplanten Uraufführung, entstand die Ouvertüre.Doch waren Hürden zu überwinden, mit denen Schober und Schubert nicht gerechnet hatten. Eigentlich hatte man gedacht, der Schubert-Freund und führende Lied-Interpret Michael Vogl würde sich für eine Aufführung des Stücks an der Hofoper stark machen. Doch Vogl war von Alfonso und Estrella alles andere als angetan und lehnte ab. Auch die berühmte Sopranistin Anna Milder-Hauptmann, als Lied-Interpretin nicht minder Schubert zugetan, winkte ab: Sie war in Berlin engagiert, wo man, so beschied sie den Autoren, für romantische Opern kein Sensorium hatte.
Carl Maria von Weber, gerade Hofkapellmeister in Dresden, zeigt zwar Interesse an Schuberts Oper, zog sich aber zurück, als der Kollege sich wenig vorteilhat über seine in Wien uraufgeführte Euryanthe äußerte.
Auch aus Graz, wohin Schubert die Partitur zur Ansicht geschickt hatte, lehnte Alfonso und Estrella ab. Da begann Schubert Teile des Werks für andere Zwecke zu nutzen. Die Ouvertüre fand Eingang in die Schauspielmusik zur Rosamunde. Zwei Arien für Baß, Nr. 8 (»Doch im Getümmel der Schlacht«) und Nr. 13 (»Wenn ich dich, Holde, sehe«) erschienen separat als Klavierlieder im Druck. Das »Lied der Wolkenjungfrau« (Nr. 11) ging in leicht veränderter Form durch Unterlegung des Textes zu »Täuschung« in den Liederzyklus Winterreise ein - wurde also - wenn auch auf einen anderen Text gesungen - zum bekanntesten Teil der Oper.
Kurioserweise ist Alfonso und Estrella, das der Komponist nie zu hören bekam, eine der bestdokumentierten Werke Franz Schuberts: Die Partitur-Reinschriften, die nach Berlin bzw. nach Graz gingen, hat er nie zurückbekommen - und sie existieren beide noch!
Es war - wie sooft - Franz Liszt, der sich des Werkes posthum annahm: 1854 veranstaltete der Schubert-Verehrer auf Betreiben Franz von Schobers die Aufführung einer stark gekürzten Version am Weimarer Hoftheater. Der französische Verleger Escudier, den Liszt auf »cette charmante musique« aufmerksam gemacht wurde, lehnte es ab, die Partitur zu drucken. In den Achtzigerjahren des XIX. Jahrhunderts kam in Karlsruhe, an der Wiener Hofoper (1882) und anderen Häusern eine arg korrumpierte Fassung auf die Bühne, die auch in Form eines Klavierauszugs erschien. Jahrzehnte später arbeitete Kurt Honolka in guter Absicht die Melodien der Oper zu einem Pasticcio nach Shakespeares Der Sturm um, das unter dem Titel Die Wunderinsel in Stuttgart und später auch im Linzer Landestheater (1958) gegeben wurde.
Das Original erschien erst in den 1990er-Jahren im Rahmen der Schubert-Gesamtausgabe. 1949 erklang das Stück in einer konzertanten Version in Radio Beromünster. Die erste ungekürzte szenischen Aufführung fand 1977 in englischer Sprache an der Reading University statt. Die deutschsprachige Erstaufführung dirigierte Mario Venzago 1991 in jener Stadt, an die Schubert bereits als Uraufführungsort gedacht hatte - in Graz.
Die Handlung
Personen der Handlung
Erster Akt
Froila, der rechtmäßige König von León, lebt in einem einsamen Tal im Exil. Mauregato hat ihn entthront. Froilas Sohn, Prinz Alfonso, möchte die Königswürde zurückerobern. Doch Froila erlaubt ihm nicht zu revoltieren. Doch überreicht er Alfonso die Kette Eurichs, seines königlichen Vorgängers. - - Im Palast von Oviedo: Estrella, die Tochter des unrechtmäßigen Herrschers Mauregato, will zur Jagd aufbrechen, als Adolfo, siegreich vom Kampf gegen die Mauren zurückgekehrt, um ihre Hand anhält. Doch Mauregato weist ihn zurück: Nur der Besitzer von Eurichs Kette darf sich mit Estrella vermählen. Adolfo schwört Rache.
Zweiter Akt
Froila singt auf Alfonsos Bitte das alte Lied von der Jungfrau in den Wolken, die einem Jäger als fantastische Vision erscheint und ihn in den Tod lockt. Alfonso betrachtet den Gesang als Boten seines Schicksals - da erscheint Estrella, die sich auf der Jagd verirrt hat. Die irreale Situation gemahnt an das Lied - Estrella faßt Zuneigung zu Alfonso und empfängt aus seinen Händen Eurichs Kette. -- In Oviedo führt Adolfo inzwischen eine Verschwörertruppe im Namen des totgeglaubten Froila an, um Mauregato zu stürzen. Der ist entsetzt, als die heimkehrende Estrella die königliche Kette trägt - sie erinnert ihn an seine Untat. Estrella ist entschlossen, den unbekannten jungen Mann, dem sie das Kleinod verdankt, zu heiraten. Sie fordert den Vater auf, Adolfos Aufstand niederzuschlagen.
Dritter Akt
Der Kampf beginnt. Estrella, auf der Flucht vor Adolfos Truppen, wird von Alfonso gerettet, der siegreich in die Stadt einzieht. Mauregato sucht den Dialog mit Froila, der ihm vergibt. Auch Adolfo wird entsühnt Das Volk huldigt Alfonso und Estrella, dem neuen Königspaar.
Aufnahmen
Ein Versuch mit dem Werk wurde mit Luba Orgonasova und Thomas Hampson bei den Wiener Festwochen im Theater an der Wien gestartet, wobei Jürgen Flimms Inszenierung nicht wirklich zur Verständlichkeit der Handlung beitrug, sich aber Nikolaus Harnoncourt mit Herzblut für Schuberts Musik engagierte. (Naxos)
Eine edel besetzte Gesamtaufnahme entstand zu DDR-Zeiten in Berlin unter Otmar Suitner und vereint die an Schubertliedern erprobten Stimmen Edith Mathis, Peter Schreier, Dietrich Fischer-Dieskau, Theo Adam und Hermann Prey. (Brillant Classics)