»Manon Lescaut«

Giacomo Puccinis dritte Oper erwies sich als sein erster dauerhafter Erfolg. Die Musik ist prägnanter, der illustrative Pinselstrich sicherer gesetzt als in Le Villi (1884) und Edgar (1889). Vor allem gelingen Puccini für Des Grieux und Manon seine ersten unverwechselbaren melodischen Charaktierisierungen.

Unbeeindruckt zeigte sich der Komponist von der Tatsache, daß schon Jules Massenet den Roman L'Histoire du Chevalier des Grieux et de Manon Lescaut von Abbé Prévost (1731) als Vorlage für eine - sensationell erfolgreiche - Oper genommen hatte. Puccini hatte genaue vorstellungen, wie er das Sujet auf seine Weise - also ganz anders - behandeln könnte. Über dieser Frage überwarf er sich mit den vorgesehenen Librettisten, sodaß zuletzt (über Vorschlag des Verlegers Ricordi) das Duo Giuseppe Giacosa (1847-1906) und Luigi Illica (1857-1919) zum Zug kamen - ein Gespann, das sich jahrelang als erfolgversprechend erweisen sollte.

Die italienischen Autoren reduzierten die fünf Bilder (bei Massenet) auf vier und nehmen einige Lücken in der Handlung in Kauf, bieten aber genügend »Action«, um den Zuschauer dafür zu entschädigen. Was zwischendurch geschah, kann er sich gut dazudenken . . .

Die Uraufführung am 1. Februar 1893 im Teatro Regio, Turin, war ein voller Erfolg. Seither ist Puccinis Oper nicht mehr von den internationalen Spielplänen wegzudenken. Des Grieux' »Donna non vidi Mai« ist - der Chronologie nach - die erste der großen, unverwechselbaren Puccini-Arien im Repertoire. Das Liebesduett im zweiten Akt (»Tu! Tu amore«) der Prototyp für alle folgenden, und eines der mitreißendsten dazu. Unmittelbar davor singt Manon mit »In quelle trine morbide«, das erste große, unverwechselbare Puccini-Primadonnensolo, dem noch in dieser Oper vor dem Finale das noch opulärere »Sola, perduta, abbandonata« folgt - so werden später Mimì, Cio-Cio-San, Tosca und Liù leiden.

↑DA CAPO

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