»Manon Lescaut« auf CD

Noch in Mono-Zeiten aufgenommen, brachte HMV in den späten Fünfzigerjahren die Gesamtaufnahme mit Maria Callas und Giuseppe di Stefano auf dem Markt; die Intensität und vokale Qualität dieser Einspielung wurde von keinem Stereo-Konkurrenten erreicht: Auch, weil Tuliio Serafin hier mit wenigen Ausnahmen nicht nur feinnervig-differenzierend an die Partitur herangeht, sondern sich auch als Dramatiker von Rang erweist. Die Orchesterbegleitung zu den leidenschaftlichen Gesangsleistungen ist beinah durchwegs kongenial - und im Finale, das in vielen Aufführungen nach der spannenden Szene der Einschiffung zu einem Spannungsabfall führt, herrscht hier dank der vollkommenden psychologischen Durchdringung der Figuren durch Callas und di Stefano höchste Puccini-Erregung bis zum Schlußakkord. Nicht überhören werden Opernkenner die dominierende Stimme im Madrigal des Zweiten Akts: Da brilliert ein späterer Weltstar: Fiorenza Cossotto...

Konkurrenz hatte die Callas in dieser Partie lediglich durch Licia Albanese zu fürchten, die das Werk drei Jahre zuvor unter Jonoel Perlea (RCA) aufgenommen hatte; an der Seite von Jussi Björling - disziplinierter als di Stefano, aber nicht minder mitreißend in der Gestaltung. Eine Aufnahme quasi in der »Standard-Besetzung« der New Yorker Met der Fünfzigerjahre, die Puccinis dramatische Effekte noch wirkungsvoller zur Geltung bringt. Albanese mag, anders als Björling, der hier brilliert, nicht in Höchstform sein, beweist aber Takt für Takt ihre psychologisch-gestalterische Qualtität. Das Finale des dritten Akts atmet hier trotz Studio-Perfektion beinahe Bühnen-Luft. Ein Atout: Der kernige Lescaut von Robert Merrill.

↑DA CAPO

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