Sehr gut, setzen!
»Dantons Tod« in der Volksoper gelang musterschülerhaft
29. Oktober 1992
Eine Aufführung, gegen die sich wahrlich nichts vorbringen läßt, gut gearbeitet, gut gesungen, gut gespielt. Ein gutes Stück obendrein. Wiewohl im zwanzigsten Jahrhundert entstanden, gibt man Einems "Dantons Tod" an der Volksoper jetzt so, daß er auch bei den Abonnenten dieses Hauses Freunde finden wird.
Man könnte darüber diskutieren, ob Gottfried von Einems Note für Note mustergültig gesetzte Partitur nicht ein wenig zu wohlerzogen über Büchners Revolutionsdrama hinwegbügelt, immer nur ein bißchen dramatische Geste, ein bißchen Poesie, ein bißchen Volksgetümmel, aber nicht zu entfesselt, immer noch tauglich zur ästhetischen Sublimierung. In der Volksoper stellt sich diese Frage nicht.
Gernot Friedel, gediegener Kunsthandwerker offenbar, hat Regie geführt und eben dieses rücksichtsvolle Raffinement der Komposition - vielleicht ihr ureigenstes Erfolgsgeheimnis - szenisch umgesetzt: Hübsch arrangierte, logische Bewegungsabläufe und Bilder in der zweckmäßig schönen Einheitsszene von Heinz Hauser, gekleidet in Gewänder von bunt historischem Vignettenrealismus (Jorge Jara und Anna Eiermann) - Revolutionsvedute, bestens tauglich auch fürs Volksopernabonnement Gruppe zwölf.
Dieserart läßt sich die Leistung des Dirigenten Isaac Karabtchevsky ungestört bewundern. Er hat das Orchester zu blitzsauberem Spiel animiert, rhythmisch zumeist den federnden Anforderungen Einems gerecht, und auch dort, wo zarte, oder - etwa im letzten Zwischenspiel - bedrohlich verhangene Farben gefordert sind, etliche Zwischentöne auskostend.
Die Sänger erhalten ebenfalls beinahe allesamt ein "Sehr gut". Peter Weber, der den Danton in diesem Ambiente mit genügend Persönlichkeit erfüllt, um sogar in der heiklen, aggressiven Szene vor dem Tribunal zu bestehen. Izabela Labuda, weil sie die Lucille behutsam zwischen Stolz, Traumverlorenheit und Resignation ausbalanciert und ebenso untadelig singt wie der Titelheld.
Ernst-Dieter Suttheimer erhält sein Bravo vor allem für die gespenstische Auftritts-Szene, die den Robespierre angesichts des deftigen Szenariums in ein strahlend helles Nirvana entrückt wofür entsprechend hohe Pianotöne erforderlich sind, die Suttheimer alle gespenstisch genug abzuliefern versteht.
Eine Leistung, die in so viel Mustergültigkeit gar nicht hineinzupassen scheint, liefert, den Abend über mehr und mehr über sich selbst und seine Umgebung hinauswachsend, Benedikt Kobel als Camille Desmoulins. Er singt mit hellem, klar geführtem Tenor, fähig auch zu attackierenden Tönen und - vor allem - zu höchst differenzierender Gestaltung, die auch die Angst des Schöngeists vor der Guillotine unzweifelhaft spürbar werden läßt. Als käme er aus einer anderen, drastischeren, direkter zupackenden Produktion als Gast hereingeschneit.
Der Chor des Hauses hat, einstudiert von Michael Tomaschek, in diesem Stück endlich wieder viel zu sagen und nützt diese Chance beeindruckend, auch dort, wo geplanter Maßen höchst unterschiedliche Meinungen gleichzeitig zu artikulieren sind. Womit erneut bewiesen wäre, daß Gottfried von Einem mit seinem "Danton" ein höchst lebensfähiges Stück Musiktheater erfunden hat, das auf diese oder jene oder ganz andere Weise erfolgreich sein kann. Jetzt steht es im Volksopernrepertoire und hat gute Chancen, dort bis zu seinem 50-Jahr-Jubiläum stehen zu bleiben. Oder vielmehr musterschülerhaft gerade zu sitzen. Wohlbehütet, wie er jetzt ist, kann ihm nichts passieren.
Man könnte darüber diskutieren, ob Gottfried von Einems Note für Note mustergültig gesetzte Partitur nicht ein wenig zu wohlerzogen über Büchners Revolutionsdrama hinwegbügelt, immer nur ein bißchen dramatische Geste, ein bißchen Poesie, ein bißchen Volksgetümmel, aber nicht zu entfesselt, immer noch tauglich zur ästhetischen Sublimierung. In der Volksoper stellt sich diese Frage nicht.
Gernot Friedel, gediegener Kunsthandwerker offenbar, hat Regie geführt und eben dieses rücksichtsvolle Raffinement der Komposition - vielleicht ihr ureigenstes Erfolgsgeheimnis - szenisch umgesetzt: Hübsch arrangierte, logische Bewegungsabläufe und Bilder in der zweckmäßig schönen Einheitsszene von Heinz Hauser, gekleidet in Gewänder von bunt historischem Vignettenrealismus (Jorge Jara und Anna Eiermann) - Revolutionsvedute, bestens tauglich auch fürs Volksopernabonnement Gruppe zwölf.
Dieserart läßt sich die Leistung des Dirigenten Isaac Karabtchevsky ungestört bewundern. Er hat das Orchester zu blitzsauberem Spiel animiert, rhythmisch zumeist den federnden Anforderungen Einems gerecht, und auch dort, wo zarte, oder - etwa im letzten Zwischenspiel - bedrohlich verhangene Farben gefordert sind, etliche Zwischentöne auskostend.
Die Sänger erhalten ebenfalls beinahe allesamt ein "Sehr gut". Peter Weber, der den Danton in diesem Ambiente mit genügend Persönlichkeit erfüllt, um sogar in der heiklen, aggressiven Szene vor dem Tribunal zu bestehen. Izabela Labuda, weil sie die Lucille behutsam zwischen Stolz, Traumverlorenheit und Resignation ausbalanciert und ebenso untadelig singt wie der Titelheld.
Ernst-Dieter Suttheimer erhält sein Bravo vor allem für die gespenstische Auftritts-Szene, die den Robespierre angesichts des deftigen Szenariums in ein strahlend helles Nirvana entrückt wofür entsprechend hohe Pianotöne erforderlich sind, die Suttheimer alle gespenstisch genug abzuliefern versteht.
Eine Leistung, die in so viel Mustergültigkeit gar nicht hineinzupassen scheint, liefert, den Abend über mehr und mehr über sich selbst und seine Umgebung hinauswachsend, Benedikt Kobel als Camille Desmoulins. Er singt mit hellem, klar geführtem Tenor, fähig auch zu attackierenden Tönen und - vor allem - zu höchst differenzierender Gestaltung, die auch die Angst des Schöngeists vor der Guillotine unzweifelhaft spürbar werden läßt. Als käme er aus einer anderen, drastischeren, direkter zupackenden Produktion als Gast hereingeschneit.
Der Chor des Hauses hat, einstudiert von Michael Tomaschek, in diesem Stück endlich wieder viel zu sagen und nützt diese Chance beeindruckend, auch dort, wo geplanter Maßen höchst unterschiedliche Meinungen gleichzeitig zu artikulieren sind. Womit erneut bewiesen wäre, daß Gottfried von Einem mit seinem "Danton" ein höchst lebensfähiges Stück Musiktheater erfunden hat, das auf diese oder jene oder ganz andere Weise erfolgreich sein kann. Jetzt steht es im Volksopernrepertoire und hat gute Chancen, dort bis zu seinem 50-Jahr-Jubiläum stehen zu bleiben. Oder vielmehr musterschülerhaft gerade zu sitzen. Wohlbehütet, wie er jetzt ist, kann ihm nichts passieren.