Zwei Cellokonzert hat Dmitri Schostakowitsch komponiert. Beide sind in enger Zusammenarbeit mit dem jungen Mstislaw Rostropowitsch entstanden, der Mitten im Zweiten Weltkrieg als Teenager zu Schostakowitschs Studenten zählte und in den späten Fünfzigerjahren mit dem Komponisten selbst am Klavier für die sowjetischen Schallplattenfirma Melodia eine Aufnahme der Cellosonate op. 40 machte und dadurch zu einem musikalischen Vertrauten des Komponisten wurde. Vermutlich waren die künstlerische Zusammenarbeit im Schallplattenstudio, aber auch die Uraufführung der eigens für Rostropowitsch komponierten Konzertanten Symphonie von Sergej Prokofieff Auslöser für Schostakowitschs Entschluß, für diesen Cellisten ein Konzert zu schreiben.
Allegretto Moderato Cadenza Finale. Allegro con moto
Rostropowitsch war von Schostakowitschs Zuneigungs-Geste überwältigt. Im Spätsommer 1959 hatte ihn der Komponist zu sich gebeten, um ihm das Werk vorzuspielen. Vier Tage später kehrte der Musiker zurück und überrasche Schostakowitsch damit, daß er das Konzert auswendig gelernt hatte und perfekt spielen konnte.
Im Oktober wurde das Konzert uraufgeführt, kurz danach brachen die beiden Musiker zu einer Tournee in die USA auf, wo sie die Novität der westlichen Öffentlichkeit bekannt machen konnten.
Anders als den umgebenden Orchester-Kompositionen Schostakowtischs ist dem viel weniger dicht instrumentierten Konzert (mit doppeltem Holz und nur einem Horn!) ein kammermusikalischer Ton eigen, wohl inpsiriert von der gemeinsamen musikantischen Erfahrung bei der Aufnahme der Sonate. Schon der in behutsamem Piano hingetupfte Konzert-Beginn mit dem prägnanten Viertonmotiv, dem ein »trommelnder« Rhythmus des Solocellos antwortet, verrät den klassizistisch-zurückgenommenen Ton, hinter dessen Dezenz sich ganz nach dem Vorbild der Wiener Klassiker, vor allem Joseph Haydns, immer neue Überraschungen und hintergründige Pointen verbergen.
Das Moderato gibt sich - im zur Haupttonart quasi »oppositionellen« a-Moll lyrisch-verhalten, weitet sich aber im Mittelteil zu großer Dramatik - doch mündet das Geschehen zuletzt in einen von magischen Flageolett- und Celesta-Tönen überlagerten stillen Abschnitt, der in den dritten Satz überleitet: Diese Cadenza hat in der Geschichte des Solokonzerts nur einen Vorläufer: Den dritten Satz von Schostakowitschs eigenem Ersten Violinkonzert: Schostakowitsch widmet dem Solisten zur Demonstration seiner solistischen Fähigkeitn Kadenz einen ganzen Konzertsatz, der im falle des Cellokonzerts länger dauert als das Eingangs-Allegretto oder das folgende Finale!
Die Kadenz führt die Solostimme von meditativ-ruhigen, lyrisch getönten Betrachtungen zu einem virtuos gesteigerten, von Glissandi durchfurchten Höhepunkt, über den das Orchester mit dem Finalthema unvermittelt »hereinbricht« und eine Tour de Force einleitet, die durch die Hereinnahme des prägnanten Eingangsthemas des Konzerts noch weiter angestachelt wird und zu einem atemberbaubenden Schluß führt.
Largo Scherzo. Allegretto Finale. Allegretto
Auch das zweite Cellokonzert entstand für Rostropowitsch und beginnt mit einem versonnen-grüblerischen Solo, zunächst nur von den Bässen gestützt. Schostakowitsch hat erklärt, das Werk unter dem Eindruck des Todes der Dichterin Anna Achmatowa komponiert zu haben, die ein Jahr zuvor als Nobelpreis-Kandidatin gehandelt worden war und die er sehr verehrt hatte. Wie schon im ersten Konzert fehlt bei der Instrumentierung das »schwere Blech« und der nur an wenigen stellen groß anschwellende Klang wird immer wieder auch durch Schlagzeug-Effekte und die Harfen bestimmt.
Das Largo findet aus seiner melancholisch-nachdenklichen Stimmung langsam zu fröhlich-pointierten Momenten, sinkt aber zuletzt wieder in sich zusammen. Im knappen Mittelsatz, einem frechenen, rhythmisch pointierten Scherzando, das von Ferne an den Beginn des Ersten Cellokonert erinnert - zitiert Schostakowitsch ein Volkslied aus Achmatowas Heimatstadt Odessa.
Das wieder sehr ausgedehnte Finale gibt sich, von einem Trommelwirbel und wilden Hornfanfaren angekündigt, theatralisch. Zunächst hat der Solist mit einer wiederum groß angelegten Kadenz seine Bühne und lädt dann mit einer Wiederaufnahme der Fanfarenmotivik sozusagen die Orchestermitlieder zum Mitmusizieren ein. Die improvisatorisch wirkende Kammermusik, die so entsteht, wird einige Mal durch grell gestikulierende Intermezzi unterbrochen, scheint aber zuletzt über einem vom Cellisten konsequent ausgehaltenen tiefen D mit tickenden Uhren-Geschäuschen des Schlagwerks ins Leere zu laufen.