Hintergründiges ist auch in der auf die Siegessymphonie folgenden Sechsten zu finden. Sie entstand 1946/47 und spricht zwar ebenfalls eine geklärtere Tonsprache als die Symphonien Nr. 2 und 3, steckt aber dennoch voll ausdrucksstarker Musik. Vor allem die ersten beiden Sätze führen zu emotionsgeladenen, durchaus tragisch konnotierten Steigerungen.
So kam die Sechste zunächst unter die Räder der sowjetischen Kulturmaschinerie. Die Uraufführung fand zwar mit Jewgenij Mrawinsky und dessen Leningrader Philharmonikern prominente Interpreten, doch die Kritik blieb verhalten angesichts der für die Verhältnisse des sozialistischen Realismus höchst avantgardistischen, jedenfalls fern jeder Anbiederung an die geforderte »Volkstümlichkeit« angesiedelten Klangsprache.
Die zeitgenössischen Kommentatoren versuchten deshalb, das Werk mit den gängigen Erklärungsmustern für Musik, die der kommunistischen Ästhetik genehm war, zu beschreiben. Da heißt es beispielsweise:
Der erste Satz der Symphonie erschafft Bilder von nationalem Unglück, von Kampf und Alarm, ein Gemälde vo den versengenden Flammen der Schlacht und den Brandstätten im Lande. Ihn erfüllt mannhafte Gram und dramatisches Pathos.
Das ist linientreue Konzertführer-Sprache, doch immerhin scheint damit der ernsthafte programmatische Charakter der Musik beim Namen genannt. Prkofieff selbst blieb sachlicher und beschrieb seine Symphonie mit knappen Worten:
Der erste Satz hat unruhigen Charakter, steenweise lyrisch, stellenweise streng,; der zweite Satz - Andante - ist heller getönt und gesanglicher; das Finale, schnell und in Dur, steht dem Charakter meiner Fünften Symphonie nahe, wäre da nicht die schroffere Färbung des ersten Satzes.
Im Zusammenhang mit diesem schrofferen Kopfsatz erklärt sich im Gesamtzusammenhang wohl, warum der im Grunde lyrisch getönte Mittelsatz, der in manchen Passagen an die Liebesmusiken aus Prokofieffs Romeo und Julia-Ballettmusik erinnert, durchaus bedrohliche Entwicklungen kennt. Sogar das so spielerisch anhebende Finale scheint dann mit einem doppelten Boden unterminiert, in den manche musikalische Falltür eingelassen ist.
Den sicheren Hafen der klassischen Symphonieform, die er in seiner Ersten mit scheinbar so leichter Hand gemeistert hatte, sucht der Komponist erst wieder mit seiner abschließenden Siebenten.