Sancta Susanna

PERSONEN DER HANDLUNGSusanna · Sopran
Klementia · Alt
Alte Nonne · Alt - Eine Magd · Sprechrolle
Ein Knecht · Sprechrolle

Chor der Nonnen

Das Werk

Sancta Susanna ist neben Mörder, Hoffnung der Frauen Hindemiths bekanntester Beitrag zum musikalischen Expressionismus. Anders als die Kokoschka-Vertonung, Mörder, Hoffnung der Frauen, erfreut sich Sancta Susanna aber bis heute höchsten Interesses und wird immer wieder auch szenisch gezeigt.

Wie in den meisten anderen Werken dieser Phase schafft Hindemith sich ein musikalisches Korsett durch eine klassische Form, die nicht als Kommentar zum szenischen Geschehen gedeutet werden kann, sondern - etwa wie im Falle von Alban Bergs Wozzeck lediglich die musikalische Struktur schafft. Im Falle von Sancta Susanna wählte der Komponist die Variationsform. Klanglich bedient er sich aller Möglichkeiten des musikalischen Impressionismus und der damals gängigen orchestralen Farbigkeit, wie sie Richard Strauss oder Franz Schreker kultiviert haben, deren Musik Hindemith als Konzertmeister der Frankfurter Oper aus der Perspektive des aktiven Musikers kennengelernt hatte.

Diesem Werk widmete der später so Hindemith-kritische Theodor W. Adorno 1922 eine geradezu hymnische Kritk:
Es ist bewundernswert, wie Hindemith hier, in dem reifsten seiner Bühnenwerke, zugleich thematisches Drängen des Orchesterstroms und weitbogige Gesangsmelodien, Schwüle der Frühlingsnacht und Wucht der Katastrophe aus dieser einen, zu sinnlichplastischer Konkretheit geronnenen Grundkraft gewinnt, die ihm unter den Händen zum Symbol des Triebhaften überhaupt geriet.

Die Handlung

Die Nonne Susanna betet vor dem Marienaltar. Schwester Klementia weckt in ihr Gelüste, sich ihrer Leiblichkeit bewußt zu werden. Während durch ein vom Wind geöffnetes Kirchenfenster Frühlingsdüfte dringen, läßt Susanna eine Magd zu sich rufen, deren Liebesstöhnen sie vernommen hat: Das »scheu umherblickende« wird nach ihrer Beziehung zu »ihrem Willem« befragt. Der junge Bursch erscheint. Er will sein Mädchen zurückholen.

Schwester Klementia erinnert sich daran, wie einst Schwester Beata nackt das Kruziix umfangen habe, um den Heiland zu küssen. Zur Buße habe man sie damals bei lebendigem Leibe in die Wand hinter dem Alar gemauert.

Susann gerät in mystische Verzückung, entkleidet sich, reißt in Ekstase dem Gekreuzigten das Lendentuch vom Leibe und sinkt betend nieder. In diesem Moment verfängt sich eine Spinne in ihrem Haar. Die Nonnen erscheinen zum Gebet und entdecken Susanna und Klementia. Susanna fordert für sich die gleiche Strafe, die einst Beata erhalten hat, widersetzt sich aber dann, von den Nonnen zur Beichte gedrängt. Auf ihr kategorisches »Nein!« trifft sie der Bann der Schwestern.



Aufnahme

Unter Gerd Albrecht sangen Helen Donath und Gabriele Schnaut in der ersten Aufnahme des Werks. (Wergo)

Susan Bullock sang die Titelpartie für die Aufnahme der BBC unter Yves-Pascal Tortelier. Die CD enthält auch eine exzellente Aufnahme des expressionistischen Liederzyklus für Sopran und Orchester op. 3. (Chandos)

↑DA CAPO