Violinkonzert

Ein »klassisches« dreisätziges Konzert - aus Filmmusik gefügt

Obwohl Erich Wolfgang Konrgolds Violinkonzert für Musikfreunde untrennbar mit dem Namen des Uraufführungs-Interpreten Jascha Heifetz und dessen herrlicher Schallplattenaufnahme verbunden ist, stand doch ein anderer großer Geiger des XX. Jahrhundert für das Werk Pate. Zwischen Bronislaw Huberman und dem Komponisten gab es viele Jahre lang einen »Running Gag« - Korngold hatte ihm einmal halb im Scherz ein Violinkonzert versprochen; und Huberman machte es sich zur Angewohntheit ihn bei nahezu jeder Begegnung daran zu erinnern.

Korngolds Ehefrau erinnerte sich:

Es muß im Frühjahr 1945 gewesen sein, als Bronislaw Hubermann, der große Musiker unter den Violinvirtuosen, ein Konzert in Los Angeles gab. Als guter alter Bekannter kam er zum Abendessen in unser Haus. ... Seit dreißig Jahren, sooft er Erich begegnete, war es Hubermanns stehende Phrase: ‚Was ist mit meinem Violinkonzert?’
Auch an jenem Abend, nachdem Essen, stellte er wieder die altgewohnte, halb scherzhafte Frage: ‚Erich, was ist mit meinem Violinkonzert?’ Erich stand sofort auf, ging zum Klavier und spielte ein Thema – das später das des ersten Satzes seines Violinkonzertes wurde.
Hubermannhorchte auf: ‚Das ist – das wird mein Konzert’, sagte erlebhaft. ‚Versprechen Sie mir, daß Sie es schreiben werden.’ Erich sagte zu.
Vor der Uraufführung seines schon Ende der Dreißigerjahre in Ansätzen skizzierten, aber erst nach dem Krieg vollendeten Werks durch Jascha Heifetz, 1947 in St Louis, schrieb Korngold einen einführenden Text, in dem er sein Werk erläutert.
Mein Violinkonzert stellt einen Versuch dar, für das Überleben einer melodischen Form symphonischer Musik zu kämpfen. Ich suche eine Antwort auf eine Frage, die mir von entscheidender Bedeutung sein scheint: Hat eine Musik mit Ausdruck und Gefühl noch einen Platz und eine Chance in unserer Zeit, eine Musik mit langen, melodischen Themen, formal gearbeitet nach den Prinzipen der klassischen Meister, Musik, die vom Herzen erdacht und nicht auf dem Papier konstruiert wurde? Diese Frage brennt seit langer Zeit in mir. Verstehen Sie mich, bitte, nicht falsch: Ich war nie ein Reaktionär, ein »altmodischer« Komponist, ich bin es auch heute noch nicht. Andererseits: Aufgewachsen mit dem Klang von Richard Strauss’ »Elektra« und Gustav Mahlers Symphonien (die, nebenbei gesagt, heute noch – nach 40, 50 Jahren – fortschrittlicher, gewagter und neuer scheinen als die meisten Symphonien der letzten zehn Jahre!), ich war ich einer der ersten glühenden Bewunderer Strawinskys. Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich als musikalisches Wunderkind mit 11, 12 Jahren die musikalischen Autoritäten mit meinen harmonisch ultra-modernen Kompositionen verblüffen und erschrecken konnte. Doch seit ich als Siebzehnjähriger begann, für die Opernbühne zu schreiben ... blieb ich immer dem festen Glauben treu, Musik solle melodisch und, wie ein alter Wiener Meister mich lehrte, ‚wohlklingend’.

Tatsächlich gelang es Korngold, aus einigen seiner virtuosen Film-Soundtracks Musik zu destillieren, die sich den klassischen formalen Prinzipien unterordnen ließ. So entstand ein knapp halbstündiges Konzert, das allen Anforderungen des seit der Wiener Klassik etablierten dreisätzigen Musters genügt.

Studioproduktion mit dem Uraufführungs-Geiger Jascha Heifetz.

↑DA CAPO