Sursum Corda
Erich Wolfgang Korngold über seine Tondichtung im Programmheft des Chicago Symphony Orchestra, 1922
Mit dem Titel »Sursum Corda« (»Erhebet die Herzen«) wollte ich lediglich den allgemeinen Charakter des Werks andeuten, ein Gefühl von freudiger Erlösung aus Not und Bedrängnis.
Das Werk beginnt stürmisch in C-Dur, im 3/2-Takt mit dem ersten der beiden Hauptthemen, einem fanfarenartigen Trompeten-Motiv in C-Dur, das von den ersten Violinen weitergeführt wird (und dessen Schlußphrase, ein Oktavsprung abwärts, in der Durchführung Bedeutung gewinnen wird. Der Seitensatz ist ein breites, heroisches Thema in G-Dur.
Es folgt eine lyrische Episode, die aus den beiden Hauptthemen abgeleitetes Material verwendet.
Die Durchführung gliedert sich in zwei Teile – der erste breit und gesanglich in F-Dur (4/4), der zweite im Tempo des ersten Themas beginnend.
Es folgt eine kurze Reprise; Violinen und zwei Trompeten deklamieren das Hauptthema, gefolgt von einer Fermate, dann einem stürmischen Höhepunkt und einem Diminuendo dreifache Piano. Ein Teil des zweiten Themas kehrt mit einem melodiösen Gegenthema für Solovioline zurück. Mit feierlichen Harmonien beginnt darauf die zweiteilige Coda; deren erste Abschnitt mit dem glühenden A-Dur-Gesang des Orchestertutti schließt und zu einem verkürzten triumphalen Zitat des C-Dur-Hauptthemas führt, das den freudig-stürmischen Abschluß bildet.
Korngolds rare Wortspende
Kaum je hat Erich Wolfgang Korngod für seine Werke Einführungstexte verfaßt. In diesem Fall machte er eine Ausnahme, wohl auf Grund der Erfahrungen, die er anläßlich der Uraufführung machen mußte, die unter seiner Leitung in Wien stattfand. Sursum Corda war das einzige Frühwerk Korngolds, das keinen Erfolg hatte, sondern sogar ausgepfiffen wurde.
Dabei hat der Komponist klanglich nie offenkundiger die Nähe zum erfolgreichen Zeitgenossen Richard Strauss gesucht - und gefunden - wie hier. Strauss ist auch der Widmungsträger der einsätzigen Tondichtung, die in einer kunstvoll erweiterten Sonatenform gehalten ist - und in gewisser Weise ein konsequentes emotionales Crescendo vom ohnehin schon stürmischen Beginn
bis zum rasanten Schluß darstellt. Technisch ist das Stück ungemein anspruchsvoll, auch wegen der ständigen Wechsel der Metren und extremen Anforderungen an die Meisterschaft der Instrumentalisten. Das Publikum fand die auch harmonisch kräftig changierende Partitur zu anspruchsvoll und »schwierig«.
Jahrzehnte später darf das Werk als typisches, klangprächtiges Beispiel für die Spätestromantik gelten, ein virtuoser kompositorischer Akt für ein virtuoses Orchester und einen schlagtechnisch brillanten Kapellmeister...