Frédéric (Fryderyk) CHOPIN

Die Etüden

Etüden Op. 10

Etüde C-Dur op. 10 Nr. 1
Etüde a-Moll op. 10 Nr. 2
Etüde E-Dur op. 10 Nr. 3
Etüde cis-Moll op. 10 Nr. 4
Etüde Ges-Dur op. 10 Nr. 5
Etüde es-Moll op. 10 Nr. 6
Etüde C-Dur op. 10 Nr. 7
Etüde F-Dur op. 10 Nr. 8
Etüde f-Moll op. 10 Nr. 9
Etüde As-Dur op. 10 Nr. 10
Etüde Es-Dur op. 10 Nr. 11
Etüde c-Moll op. 10 Nr. 12

Die erste Reihe der Stüden erschien 1833 mit einer Widmung an Franz Liszt im Druck. Wie vergleichbare Studienwerke von Czerny oder Kalkbrenner stellt der Komponist jeweils ein technisches Problem der Pianistik in den Fokus und handelt es erschöpfend ab. Wobei der künstlerische Wert von Chopins Etüden bereits von den Zeitgenossen weit über den vergleichbarer Versuche gestellt wurde. Hier werden auch kompositorische Maßstäbe angelegt, die aus den technischen Übungen poetische Klangerzählungen werden lassen. In aller Regel in Anlehnung an das klassische Sonatenprinzip, in dem das motivische Material vorgestellt wird, dann einem modulatorischen Verarbeitungsprozeß unterzogen wird, um die abzuhandelnden Kunsfertigkeiten in allen Lagen auf den weißen und schwarzen Tasten zu exekutieren, um zuletzt in einer knappen »Reprise« inhaltlich abgerundet zu werden.

Diesbezuüglich gelingen dem jungen Koponisten, der in größer angelegten Werken noch durchaus Mühe mit wohl ausbalancierter musikalischer Architektur zu haben scheint, hier dank der kleinen Dimensionen erstmals vollkommen abgerundete formale Kunstwerke.

Etüden op. 25

1. Etüde in As-Dur. Allegro sostenuto
2. Etüde in f-Moll. Presto
3. Etüde in F-Dur. Allegro
4. Etüde in a-Moll. Agitato
5. Etüde in e-Moll. Vivace
6. Etüde in gis-Moll. Allegro
7. Etüde in cis-Moll. Lento
8. Etüde in Des-Dur. Vivace
9. Etüde in Ges-Dur. Allegro assai
10. Etüde in h-Moll. Allegro con fuoco
11. Etüde in a-Moll. Lento
12. Etüde in c-Moll. Allegro molto con fuoco


»Mehr ein Gedicht als eine Etüde« sagte Robert Schumann über die mit Allegro sostenuto überschriebene Etüde in As-Dur, mit der Chopins seine Etüden-Sammlung Opus 25 eröffnet. Schumann hatte Chopin das Werk spielen hören und war vom Klangeindruck überwältigt:
Ein Wogen des As dur-Accordes, vom Pedal hier und da von Neuem in die Höhe gehoben; aber durch die Harmonien hindurch venahm man in großen Tönen Melodie, wundersame, und nur in der Mitte trat einmal neben jenem Hauptgesang auch eine Tenorstimme deutlicher hervor. Nach der Etüde wird’s Einem, wie nach einem sel’gen Bild, im Traum gesehen, das man, schon halbwach, noch einmal erhaschen möchte.
Die vollkommene Beherrschung dieser Etüden kann dem Interpreten tatsächlich auch zu gezielten Studien für bestimmte pianistische Problemstellungen dienen: So arbeitet Nr. 4 gezielt mit Sprüngen, Nr. 6 mit Terzgängen, Nr. 8 mit Sexten und die Etüden 9 und 10 widmen sich der Oktavtechnik.

Aufnahmen

Schier endlos ist der Katalog der Aufnahmen, die von beiden Etüden-Reihen herausgekommen sind. Jeder Virtuose, der etwas auf sich hält, hat »seine« Sicht auf die Sammlung dokumetieren lassen. Daher nur einige Tipps, die für viele Musikfreunde vielleicht überraschend klingen mögen: Wilhelm Backhaus, berühmt eher für seine vergeistigten Beethoven- oder Brahms-Darstellungen, hat in frühen Jahren alle 24 Stücke eingespielt und damit durchaus einen Aufnahmeklassiker vorgelegt: Makellose technische Beherrschung steht hier im Dienst vollkommener Klarheit und Durchhörbarkeit der Strukturen und - vor allem - der Erfassung der Poesie jeder einzelnen Etüde: Das ist romantische Musik, die hier erklingt, nicht eine Übung in transzendenter Fingerfertigkeit. Die ist lediglich die Voraussetzung . . .

Wenig beachtet, aber hörenswert, die 1957 veröffentlichte Aufnahme der Etüden op. 25 durch Géza Anda (Columbia/Warner) eine beeindruckend klare, differenzierte und dabei musikantische Realisierung der heiklen pianistischen Balanceakte. Früh in seiner Karriere, 1942 in den Polydor-Studios, hat Anda die e-Moll-Etüde in erstaunlich langsamem Tempo, aber in nahezu konkurrenzloser Durchleuchtung des Stimmengewebes für Schellackplatten aufgenommen (in einer DG-Anda-Edition enthalten) - bei den Salzburger Festspielen Mitte der Sechzigerjahre hat Anda, eine Rarität - sämtliche Chopin-Etüden an einem Abend mit den Préludes gespielt. Der Livemitschnitt dokumentiert das denkwürdige Konzert. (Orfeo)


↑DA CAPO