Symphonie III F-Dur op. 90
(1883, Wiesbaden)
Uraufführung: 2. Dezember 1883, Wien (Hans Richter)
Vorgeschichte
Die Dritte ist die kämpferischste unter Brahms Symphonien. Mit Beethovens Pastorale hat sie zwar die Tonart gemein, atmet aber viel eher den Geist der Eroica oder der Fünften Symphonie.Allegro con brio
Die Dur-Tonart wird schon im zweiten Takt durch die Mollterz unterminiert: Der erste Satz gehört zu den zerklüftetetsten Sätzen, die Brahms je komponiert hat und ist von immensen Spannungen und Konflikten erfüllt.Andante
Das Andante steht zwar in C Dur. Der erste Akkord der Bläser wirkt nach den stürmischen Vorgängen im Kopfsatz auch deshalb wie ein unerwarteter Lichtstrahl, weil hier das erste Mal in der Symphonie der Grundakkord der Dominant-Tonart erklingt - der in einer klassischen F-Dur-Symphonie wichtigen Teilen des ersten Satzes Halt gegeben hätte.Doch erweist sich das Gefühl, endlich sicheren Boden unter den Füßen gewonnen zu haben, als trügerisch. Bald brechen schwere Irritationen über die scheinbare Idylle herein. Die geheimnisvollen Choral-Klänge werden im Finale wiederkehren und sich dort zu bedrohlichen Gewitterwolken auftürmen. Anstelle eines Scherzos steht ein melancholisches Intermezzo in c-Moll.
Finale. Alegro
Das Finale entpuppt sich als wild aufbegehrendes Tongemälde in f-moll, das kämpferisch die zuvor aufgestauten Energien zur Explosion bringt. Erst ganz gegen Schluss taucht das Geschehen in eine stille, beschauliche F-Dur-Atmosphäre ein.Die Symphonie endet versöhnlich, aber ein wenig resignativ mit der Bestätigung der zuvor schier unerreichbar scheinenden Grund-Tonart. Brahms verzichtet aber auf die affirmativ - triumphalen Schlußgesten der beiden Vorgänger-Werke.
Die Kunst aus ein und dem selben Themenmaterial gegensätzlichste Stimmungen und Charaktere zu entwickeln, erreicht in diesem Werk ein staunenerregendes Niveau.
So lassen sich beispielsweise das aufwühlend dramatische Hauptthema des Finales ebenso wie seine fröhlich positive Antithese auf ein und den selben Motivkern zurückführen . . .
Aufnahmen
Wer eine beeindruckende Aufnahme ein wenig abseits der mitteleuropäischen Traditionen sucht, ist mit der in Boston entstandenen Einspielung Serge Koussevitskys gut bedient: Der Dirigent scheint die Elemente des Werks mit leidenschaftlichen Axthieben aus der Orchestermasse zu hauen.