Symphonie Nr. 99 Es-Dur
1793
Uraufführungsort: London
Adagio – Vivace assai Adagio Menuett. Allegretto Finale. Vivace
Start ins zweite Abenteuer
Die Es-Dur-Symphonie komponierte Haydn 1793 in Wien und Eisenstadt. Er nahm sie in seinem Gepäck auf die zweite Reise nach London mit, um si schon wenige Tage nach seiner Ankunft im Rahmen der »Salomon´s Concerts« in den Hanover Square Rooms uraufzuführen. Wie schon die sechs Symphonien der ersten London-Reise kam auch diese Novität beim Publikum gut an. Anläßlich der zweiten Aufführung forderte man den ersten Satz da Capo.
Wie viele der Londoner Symphonien beginnt auch diese mit einer langsamen Einleitung - von Haydn eindeutig mit Alla-breve markiert, während das anschließende Vivace assai im Vier-Vierteltakt steht - die Proportionen werden gern mißverstanden; die Introduktion zu langsam, das Vivace zu rasch genommen; die Verhältnisse stimmen dann nicht. Läßt man die Musik natürlich fließen, ergibt sich ein Verhältnis von Achteln zu Vierteln ganz von selbst. Allerdings sind dann die in der Originalklang-Ära üblichen Geschwindmärsche im raschen, die früher notorischen Zerdehnungen im langsamen Teil gleichermaßen unmöglich.
Die harmonischen Verhältnisse innerhalb dieser Symphonie werden schon in der Einleitung klar gestellt: sie mündet in scheinbar rätselhafter Modulation in die Dominate (G) der Paralleltonart c-Moll, um unvermittelt in den Vivace-Teil überzugehen.
Der langsame Satz steht dann in dem dieser Art bereits »angespielten« G-Dur. Hier weicht die liedhafte Stimmung des Beginns bald martialischen Gesten. Der Satz ist in Sonatenform gehalten, wobei die Exposition ausdrücklich wiederholt werden soll, um die Balance mit der ausführlichen - und dramatisch zugespitzten Durchführungspartie zu halten. Sie mündet bald in eine imposante C-Dur-Passage, deren Bedeutung, erstmals in diesem Satz, Pauken und Trompeten unterstreichen. Über die Tonika-Parallele e-Moll erreicht Haydn die Reprise.
Auch das Menuett - eines der elegantesten, die Haydn komponiert hat - ist harmonisch gesehen ein Satyrspiel auf die Einleitung der Symphonie: Wie diese mündet es in den - diesmal von den Holzbläsern repetierten Ton G - und macht einem sanften C-Dur-Trio Platz.
Das Tempo des dritten Satzes gibt Haydn ausdrücklich mit allegretto an, was sich dem insgesamt gemesseneren Duktus dieser Symphonie angleicht; obwohl der Komponist für die Menuette der ersten Londoner Tranche die »modernere« zügige Gangart gewählt hatte.
Die fröhliche Bewegung des Finales - wiederum ein Vivace, kein Presto (!) - durchwandert kunstvolle, kontrapunktisch verdichtete Regionen, umkreist einige Moll-Tonarten - insistenter als das im Kontext dieser Symphonie erwartete c- nun vor allem g-Moll - und scheint sich einmal, gedankenverloren regelrecht zu verlaufen, um zuletzt einige Kapriolen zu schlagen, die zwischen Hörnern, Holzbläsern und Streichern hin und her geworfen werden, bevor der affirmative Schluß erreicht ist.