Symphonie Nr. 97 C-Dur
1792
Uraufführungsort: London
Adagio – Vivace Adagio, ma non troppo Menuett. Allegretto Finale. Presto assai
Finale des ersten Abenteuer
Die C-Dur-Symphonie komponierte Haydn 1792 als letztes Werk seines ersten England-Aufenthalts. Die Meinungen der Nachwelt über dieses Werk gehen auseinander. Manche Kommentatoren bezeichnen sie als besonders zukunftsweisend und benennen Beethoven als Zeugen, der sich bei ersten symphonischen Kompositionsversuchen auf eben diese Haydn-Symphonie bezogen haben soll.
Andere betonen die rückwärtsgewandten Züge des Werks - doch läßt auch diese Symphonie, wie alle anderen aus Haydns später Periode, nichts an Witz und Originalität zu wünschen übrig.
Schon der Beginn des ersten Vivaces bei dem das ganze Orchester einen effektvollen Einsatz von Pauken und Trompeten zu imitieren scheint, kennt seinesgleichen nicht. Als wollte Haydn die bemerkenswert geheimnisvolle Spannung der knappen Adagio-Einleitung konterkarieren, bricht dieses Thema unvermittelt herein.
Das charmant »walzernde« Seitenthema taucht wie einige dezente »Kommentare« der Holzbläser nur als kurze Episode zwischen den heftigen Unisono-Gängen auf, von denen die Exposition beherrscht wird.
Umso prägnanter färben die kontrapunktisch geführten Einsätze der Holzbläser die Durchführung melancholisch ein.
Das bleibt nicht ohne Folgen: Die des Satzes nimmt sich im Zusammenhang mit den kraftvolle Akzenten, die zuvor beherrschend waren, geradezu erstaunlich nachdenklich aus, ehe die Pauken und Trompeten des Vivace-Themas das Geschehen doch mit Aplomb abrunden.
Ein Variationssatz in F-Dur folgt, dessen Thema im zweiten Teil mit einigen Seufzermotiven aus dem schlichten Tonfall des Beginns ausbricht.
Haydn setzt in diesem Werk mehr als sonst auf beständige klangliche Veränderungen: Alle Wiederholungen sind ausgeschrieben und beleuchten die Musik zumindest durch kleine Instrumentationsvarianten immer wieder neu.
Unerwartet kehren in der Moll-Variation Pauken und Trompeten wieder und verbreiten geradezu bedrohliche Atmosphäre, aus der die folgende Variation mit tänzerischer Grazie auszubrechen versucht.
Wieder überrascht die Coda mit ausführlichen tröstlichen Klängen - an dieser Ausweitung der Form könnte Beethoven übrigens tatsächlich Maß genommen haben; aber erst spät in seiner Karriere, im Ausklang des zweiten Satzes seiner Fünften Symphonie.
Barock festlich gibt sich das Menuett, wobei die Pauken- und Trompetendominanz des ersten Satzes wieder aufgenommen wird - aber durch ein ungemein charmantes, liedhaftes Trio beantwortet wird. Auch hier sind die Wiederholungen ausgeschrieben, um zuletzt einen bezaubernden Instrumentations-Effekt zu ermögliche: Die Solovioline krönt die Musik durch einen Einsatz in höchsten Höhen.
Den Tonfall des ersten Vivaces nimmt das Finale mit seinen Unisonogängen wieder auf, verkehrt ihn aber ins Komödiantische.
Auch hier sorgt die Coda für Staunen: mit einem scheint die Energie zu erlahmen und es bereitet sich ein versonnener Schluß vor; der freilich dann doch durch eine kraftvolle Kadenz (inklusive unisono-Gang, versteht sich nach alldem, was vorangegangen ist) überrollt wird.
Eine der schönsten Aufnahmen dieser Symphonie stammt aus Mono-Tagen: Eduard van Beinum hat sie mit seinem Concertegebouw Orchester in Amsterdam zusammen mit der Mirakel-Symphonie (Nr. 97) eingespielt - das hohe Alter der Aufnahme ändert nichts an der Leistung des Decca-Teams, das den satten, schönen Klang hervorragend dokumentiert hat. Die Lebendigkeit und Prägnanz des Spiels reiht diese Platte in die wichtigsten Haydn-Einspielungen der Aufnahmegeschichte ein. Eines Tages wird man auch noch eine liebevoll digitalisierte Version des derzeit nur in schlampigem Umschnitt erhältlichen Klassikers auf CD finen . . .