Symphonie Nr. 90 C-Dur

1791

Uraufführungsort: London


  • Adagio - Allegro assai
  • Andante
  • Menuet e trio
  • Finale. Allegro assai
  • Eine der großen Haydn-Symphonien, die zwischen der Serie der Pariser Symphonien und den ebenso berühmten zwölf Werken für die beiden Londoner Spielzeiten entstanden - nicht minder elaboriert wie die berühmteren Schwesterstücke, aber kaum je im Konzert zu erleben.

    Stilistisch gehört die Musik eher den unmittelbar zuvor entstandenen Pariser Symphonien zu, klingt repräsentativ und elegant, verzichtet auch auf die bei Haydn sonst gern gepflegten Assoziationen zur österreich-ungarischen Volksmusik. Originell die Verknüpfung von langsamer Einleitung und erstem Allegro: Das Hauptthema erklingt bereits in den ersten Takten und wird sukzessive zum Allegro assai hin beschleunigt.

    Fein differenziert ist das ariose Andante, dessen Hauptmelodie das Fagott apart dunkel einfärbt und der ein kräftig akzentuiertes Gegen-Statement in f-Moll folgt. Bemerkenswert die Reprise, in der das Thema in der Baritonlage der Streicher liegt, von den Violinen liebevoll umspielt, ehe es in die Holzbläserregion übersiedelt, die es kurzzeitig, wie traumverloren, nach Des-Dur rücken.

    Das Menuett ist ein richtiges Menuett ohne jede Assoziation zum bäuerlichen Ländler. Pauken und Trompeten - in Esterháza von den berühmten hohen C-Hörner des Haydn-Orchesters übernommen - dominieren den Klang.

    Im rasanten Finale, das mit einem, vielfach variierten Thema das Auslangen findet, spielt Haydn gleich mehrmals mit den Hörerwartungen: Das Stück scheint frühzeitig sein Ende erreicht zu haben - mit Sicherheit hat hier bei der Uraufführung Applaus eingesetzt - geht aber dann (wiederum in Des-Dur, das schon im Ausklang des Adagios ein Rolle gespielt hatte!) weiter. Dirigent reizen diesen Show-Effekt gern aus: Simon Rattle hat diese Symphonie nicht zuletzt wegen dieses gut inszenierbaren Überraschungseffekts immer wieder in seine Konzertprogramme aufgenommen und spielt das Katz- und Maus-Spiel mit dem Publikum gleich zweimal: Als einer der wenigen Interpreten befolgt er nämlich die Wiederholungs-Vorschrift für den zweiten Abschnitt des Satzes . . .

    Vielleicht deshalb hat Rattle dieses Werk bereits in seinen frühen Jahren mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra das erste Mal aufgenommen, eine seiner spritzigsten, geistreichsten CDs.

    ↑DA CAPO