Symphonie Nr. 31 D-Dur
»Mit dem Hornsignal«
1765/66?
Uraufführungsort: Eisenstadt
Allegro Adagio Menuett Moderato molto
Zu diesem originellen Werk gibt es ein Gegenstück, die Symphonie Nr. 72, die trotz ihrer späten (falschen) Numerierung etwa zur selben Zeit komponiert worden sein dürfte. Nur 1763 und in der Saison 1765/66 standen dem Vizekapellmeister Joseph Haydn in der Kapelle des Fürsten Esterházy vier Hörner zur Verfügung.
Wie in Nr. 72 nutzt er die Gelegenheit weidlich. Die Symphonie »mit dem Hornsignal« müßte eigentlich »mit den Hornsignalen« heißen, denn sie beginnt nicht mit einem, sondern gleich mit zwei unterschiedlichen Hornmotiven, deren erstes für den Auftakt des Werks Haydns Erfindung ist. Das zweite, unmittelbar anschließende aber, ist das in Österreich und Ungarn damals gebräuchliche Signal zur Herrenjagd, wie es zu Haydns Zeiten vor allem im ungarischen Herrschaftsgebiet noch auf Tierhörnern geblasen wurde - daher die Beschränkung auf wenige Töne des Dur-Dreiklangs.
So scheint es naheliegend, daß Haydn - wie schon die wohl zuvor entstandene Nr. 72 auch diese Symphonie zur Untermalung der Feier einer fürstlichen Jagd geschrieben hat.
Die vielen Echo-Effekte, die der Komponist vorschreibt, läßt auf eine regelrechte »Inszenierung« der Musik anläßlich der Uraufführung schließen: Die Hornpaar I/II und III/IV waren offenbar weit voneinander postiert, um die rechten theatralischen Effekte zu erzielen.
Haydn paßt auch die Struktur seines eröffnenden Allegros der Regie an: Die Reprise beginnt nicht mit den einleitenden Hornrufen, die erst zum festlichen Beschluß des Satzes wiederkehren, sondern überraschend in Moll und ins Piano zurückgenommen.
Das Adagio ist ein bemerkenswerter Konzertsatz für die Hörner, von denen nicht nur der erste, sondern auch der zweite heikle Solofunktionen übernimmt. Nach Art der Sinfonia concertante sind auch Violin- und Cellosolo prominent vertreten.
Auch kompositorisch ein virtuoser Akt ist das Menuett, kraftvoll und energetisch, veritable Tanzmusik, aber - wie das Adagio - von konzertantem Zuschnitt: Brillant, wie die Bläser-Sätze mit den Violinen in Dialog treten.
Wie die Symphonie Nr. 72 endet auch die »mit dem Hornsignal« mit einem Variationssatz in gemäßigtem Tempo; und »Auftrittsmöglichkeiten« für sämtliche Solospieler der fürstlichen Kapelle:
I. Oboe, Hörner Violoncello Flöte Vier Hörner, solistisch (!) zur pianissimo-Begleitung der Streicher Violine ohne Solist Kontrabaß.
Zuletzt mündet das Werk in einen Presto-Kehraus (wiederum nach dem Modell der Symphonie Nr. 72). Für die Zeitgenossen war das Werk mit den vielen Soli eine Art Zwischending zwischen der neuen Form der Symphonie und einem Konzert. Erste Drucke (Mitte der Achtzigerjahre in Paris und London) nennen es denn auch ausdrücklich eine Sinfonia concertante.
Die Aufnahmegeschichte dieser Symphonie birgt ein besonderes Kuriosum: Arturo Toscanini hat nicht viele Haydn-Werke aufgenommen. Aber die Symphonie mit dem Hornsignal ist darunter - allerdings erstaunlicherweise ohne die Hörner-Variation (Nr. 4), was ein bezeichnendes Licht auf die Qualtität von Haydns Spielern wirft: In New York fanden sich 1938 einfach nicht vier Hornisten, die imstande waren, die Ansprüche des Dirigenten - und Haydns zu erfüllen.
Wie anspruchsvoll die Partien gesetzt sind, läßt sich heute noch ermessen, wenn Originalklang-Ensembles das Werk interpretieren . . .