Eine ideale »Einstiegsdroge« für Menschen, die sich für den Symphoniker Haydn begeistern, den Musikdramatiker aber erst kennenlernen möchten, ist die letzte seiner Opern, eine musiktheatralische Anverwandlung des Orpheus-Stoffes - entstanden für eine Aufführung während der Zeit, die der weltweit führende Meister als hochgeachteter Mann in London verbrachte. Die Produkton kam, wie es scheint, nie zustande, die Partitur aber zeigt Haydn auf der Höhe seiner letzten Symphonien, steckt voll herrlicher Einfälle und beeindruckender orchestraler Farben. Ob dem atemberaubenden Finale, wie es sich erhalten hat (o che orrore!), noch ein schablonenhafter Schluß gefolgt wäre, wissen wir nicht - der fragmentarisch-offene Charakter der überlieferten Version wäre für eine moderne Darstellung des Stücks ideal - wenn sich ein kluger Regisseur der Aufgabe unterzöge. Der »Pinchgut Opera« mit Elena Xanthoudakis, Andrew Goodwin und Derek Welton gelang unter Antony Walker mit dem Orchestra of the Antipodes eine engagierte Live-Produktion, die auf CD festgehalten wurde.

Im Gefolge seines Pionier-Projekts in Sachen Haydn-Symphonien ging Antal Dorati auch wiederholt ins Plattenstudio, um Haydn-Opern aufzunehmen. Dabei standen ihm oft luxuriöse Besetzungen zur Verfügung: Sänger wie Jessye Norman, Elly Ameling, Arlene Auger, Frederica von Stade und viele andere waren dabei - so genießen die Einspielungen bis heute Referenz-Status, nicht nur, weil sie vielfach die einzigen blieben, die erhältlich sind.

Im Haydn-Jahr 2009 versuchte man sich in der Berliner Linden-Oper an Haydns Musikdrama über den »Rasenden Roland«, Orlando furioso. Originalklang-verbrämt durch René Jacobs und das Freiburger Barockorchester ließen sich Singschauspieler wie Marlis Petersen und Pietro Spagnoli von Nigel Lowery (Regie) und Amir Hosseinpour (Choreographie) zu einer heftig bewegten Umsetzung der Tragikomödie hinreißen.