Die interpretatorisch überzeugendste Darstellung gelang Otto Klemperer - seine EMI-Aufnahme mit dem New Philharmonia Orchestra steht in den meisten Ranglisten obenan. Noch mehr Kraft und pulsierende Tempi hat die 13 Jahre ältere Aufnahme, die Vox mit den Wiener Symphonikern gemacht hat. Klangtechnisch und in Sachen Spielqualität des Orchesters ist diese Mono-Aufnahme zwar unterlegen, doch läßt sie den Hörer vom ersten Takt an nicht mehr los.
Karajan gelang die vermutlich meistverkaufte Aufnahme der
Missa mit einem unübertrefflichen Solistenquartett: Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich - deren Stimmen gleich in den ersten Takten des
Kyrie wie leuchtende Sterne »aufgehen«;
dazu Walter Berry, Baß. Man hat der Aufnahme den Vorwurf gemacht, sie diene vor allem der Schönheit, nicht jedoch der »Wahrheit« - wiewohl das reichlich platt ist. Tatsächlich kritisierbar ist die Leistung des Wiener Singvereins, dessen Soprane recht gequält wirken, wie um das Urteil des Londoner Kritikers von 1882 zu bestätigen. Karajans formale Übersicht zeigt sich an der absolut stringenten Tempo-Dramaturgie. Die Wiedergabe hat durchwegs Spannung und rundet sich vollendet. Die bange Stimmung im
Agnus Dei ist von eminenter Dramatik.
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