Jan Pieterszoon Sweelinck

(1562-1621)

Urvater der Klaviermusik und Meister aller 150 Psalmen.

Sweelinck 1606 - Portrait aus der Werkstatt seines Bruders GerritNur der etwas jüngere Italiener Girolamo Frescobaldi kommt diesem Mann an Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Instrumentalmusik - nota bene jener für Tasteninstrumente - gleich: Von der Jugend Jan Pieterszoon Sweelincks wissen wir, zeittypisch, so wenig wie über die korrekte Schreibweise seines Namens. Der Vater war Organist und hat seinen Sprößling mit Sicherheit in Musik unterwiesen, starb aber, als Jan elf Jahre alt war. Spätere Generationen wollten wissen, daß Sweelinck sich in Venedig bei Giuseppe Zarlino weitergebildet haben soll. Sicher ist nur, daß er Zarlinos theoretische Schriften kannte und sie im Unterricht später verwendet hat. Ob er je in Venedig war, liegt im Dunkeln.

Jedenfalls war er schon als 14jähriger, als der Amt des Organisten an der Oude Kerk von Haarlem/Amsterdam übernahm, ein Virtuose.

Sein Ruhm stieg beständig - und war stark genug, daß er als Organist seines Amtes walten durfte, auch nachdem Amsterdam den Katholizismus gegen den Calvinismus eintauschte und im Zuge des Bildersturms auch die Musik aus der Liturgie verbannte. Sweelincks Konzerte machten ihn zur Berühmtheit, Musikfreunde reisten von weither an, um ihn improvisieren zu hören.

Seine geistliche Musik bediente beide Konfessionen gleichermaßen, seine Instrumentalwerke wurden international in Abschriften gehandelt. Fast ein halbes Jahrhundert lang konnte der Komponist wohlbestallter Organist »seiner« Oude Kerk bleiben.

Wie Frescobaldi steht Sweelinck an der Schwelle einer neuen Zeit und führt die große polyphone Tradition des Kontrapunk behutsam und mit enormer Fantasie ins Barock und in eine neues Verständnis des harmonischen Raums über. Formal herrscht in seiner Musik die höchste, deutlich aus Improvisationen geborene Freiheit. Doch stehen im bunten Kontext etliche Stücke, die monothematisch gehalten sind und aus einem einzigen Thema imitatorisch formbildende Kraft schöpfen - es sind Vorläufer jenes kontrapunktischen Denkens, das in die »Kunst der Fuge« münden wird.

Sweelincks Vokalwerk mündet in die Vertonung der biblischen Psalmen, die in vier Heften von 1604 bis 1621 (das letzte posthum) erschien. Hier scheint die Kunstfertigkeit der Renaissance-Polyphonie bereits vollkommen verwandelt und in die Dur-Moll-Harmonik des Barock integriert.

Das Vokalwerk Sweelincks liegt in einer Gesamtaufnahme durch den Gesualdo Consort auf CD vor.

Die Psalm-Vertonungen aus der Gesamtaufnahme (Glossa)


Harry van der Kamp und sein Gesualdo Consort Amsterdam haben sich daran gewagt, das gesamte Vokalwerk Jan Pieterszoon Sweelinck aufzunehmen. Für die Niederländer gilt dieser Mann als einer der Nationalheiligen und als bedeutendster Komponist, den das Land je hervorgebracht hat. Sie kannten sein Gesicht, denn es schmückte einst den 25-Gulden-Schein.
Van der Kamps Pioniertat brachte etwa 20 Prozent von Sweelincks Vokalschaffen erstmals ans Licht.
(GLOSSA, 17 CDs)

Allein die 150 Psalm-Vertonungen füllen 12 CDs.
Anläßlich der Präsentation der Gesamt-Edition im Oktober 2010 in der Oude Kerk in Amsterdam, schlug Königin Beatrix Harry van der Kamp zum Ritter im Orden des niederländischen Löwen.




↑DA CAPO

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