Dietrich Buxtehude

1637 - 1707

Legendär ist die Pilgerfahrt Johann Sebastian Bachs 1705 zum für damalige Verhältnisse methusalemischen Altmeister Dietrich Buxtehude nach Lübeck. Bach nahm den 465 Kilometer langen Fußmarsch auf sich, weil er seine Kunstfertigkeit dem von ihm am höchsten verehrten Zeitgenossen demonstrieren wollte. Buxtehude ragte für Bach aus der fernen Welt des Hochbarock in seine Ära.
An den harmonischen Kühnheiten von Buxtehudes Instrumentalmusik hat Bach tatsächlich mehr als einmal Maß genommen.

Buxtehudes Werdegang

Buxtehude hatte als Organist in Helsingborg (1657) und Helsingør (1660) begonnen - in Helsingør hatte schon sein Vater dieses Amt innegehabt. Mit 31 Jahren übernahm er das Organistenamt an der Marienkirche in Lübeck, wo er nach damaligem Brauch die Tochter seines Vorgängers ehelichte.
An der Weiterführung dieser Gepflogenheit scheiterten die Bewerbungen von Meistern wie Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel um Buxtehudes Nachfolge: Tochter Anna Margareta, genannt »Jungfer Sauerampfer« wollten beide nicht heiraten. Johann Christian Schieferdecker wurde ihr Ehemann - und Organist in Lübeck.

Abendmusiken

In den ersten Jahren seiner Lübecker Amtszeit belebte Dietrich Buxtehude die seit 1646 gepflegten Abendmusiken zur Adventzeit neu. Mit diesen oratorischen Aufführungen beginnt recht eigentlich die Geschichte des öffentlichen Konzerts in Deutschland. Buxtehude schrieb dafür jedes Jahr neue Kompositionen, die ihn deutschlandweit zur Komponisten- und Virtuosenlegende machten.
Zu Lebzeiten wurden von Buxtehudes Kammermusik zwei Serien zu je sieben Triosonaten (op. 1 und op. 2) gedruckt. Erhalten haben sich zehn weitere Sonaten, etwa zwei Dutzend Suiten und Variationszyklen für Cembalo, an die 90 Orgelkompositionen - etwa zur Hälfte freie Kompositionen wie Toccaten, Präludien, Fugen, zur Hälfte Choral-Bearbeitungen; außerdem über 100 Kantaten, eine Vertonung des Mess-Ordinariums und der Passionszyklus Membra Jesu nostri.

Dietrich Buxtehudes Orgelwerke existieren in einer Gesamteinspielung durch Wolfgang Ruebsam (Counterpoint, 6 CDs), der sich wunderbar darauf versteht, auch den streng gebundenen Werken einen spontan-improvisatorischen Tonfall zu sichern.

Erhalt uns, Herr,
bei Deinem Wort.





Was für die Orgel, was für das Cembalo oder das Clavichord gedacht war, läßt sich übrigens bei Buxtehude in vielen Fällen noch weniger sicher sagen als später bei Bach und seinen Zeitgenossen. Lars Ulrik Mortensen hat sich der Musik für Cembalo angenommen - und ist dabei großzügig vorgegangen. Sicher für dieses Instrument und seine Möglichkeiten gedacht waren Meisterwerke wie die 32 Variationen über La Capricciosa, in der Kenner rasch eines jener Themen erkennen werden, das Bach im abschließenden Quodlibet seiner Goldberg-Variationen zitiert.

Buxtehudes unglaublich fantasievoller Variationenzyklus, den Mortensen in reichen Klangschattierungen ausregistriert, scheint in manchen Facetten auf Bachs großen Zyklus abgefärbt zu haben. Jedenfalls stellen diese Capricciosa-Variationen eines der gewaltigsten und abwechslungsreichsten Variationswerke vor Goldberg dar, einen Höhepunkt des deutschen musikalischen Barock.



Das lateinische Passionsoratorium Membra Jesu nostri hat Philippe Pierlots Ricercar Consort für das Label Mirare aufgenommen und die sanfte Poesie dieser Musik in weichen, warmen Klängen eingefangen.

↑DA CAPO