Mirella FRENI
Eine Würdigung zum 80. Geburtstag
2017
Von Ruhestand war bei ihr auch anläßlich der Feiern zu ihrem 80. Geburtstag keine Rede. Ein Gala-Konzert zu ihren Ehren in der Mailänder Scala, am eigentlichen Jubeltag, dem 27. Februar 2017, ein Festakt in der Heimatstadt Modena: Mirella Freni war auch mit 80 höchst aktiv.
Sie war die Partnerin der größten Opern-Künstler des 20. Jahrhunderts, mit dem „Re di bassi“, Nicolai Ghiaurov, war sie verheiratet, mit Luciano Pavarotti, der
ebenfalls in Modena zur Welt gekommen war, teilte sie die Amme; und (nicht nur, aber bevorzugt) für Herbert von Karajan war sie im italienischen Fach über viele Jahre hin
die erste Wahl für Primadonnenrollen.
Der internationale Durchbruch
der Freni in der bis heute unangefochtenen Zeffirelli-Produktion der
„Boheme“ ist legendär: Unter Karajan sang sie die Premieren in Mailand
und Wien – und war von da an Publikumsfavoritin. Wobei
Wien bis zur Rückkehr Karajans, 1977, warten mußte, um die Freni wieder
in der Staatsoper erleben zu dürfen.
Die Kunst, nein zu sagen
In
Mailand gab die Sängerin in der ersten Euphorie der künstlerischen Verbindung dem Maestro nach und
ließ sich auch als Violetta in einer neuen „Traviata“ aufs Programm
setzen. Das ging beinah schief. Doch ab sofort durfte die Sopranistin
Karajan auch nein sagen. Zuletzt tat sie das, als er sich wünschte, sie
möge Ende der Siebzigerjahre noch einmal die Mädchenpartie der Nanetta
in Verdis „Falstaff“ singen. Sie wäre gern die Alice in der Salzburger
Festspielinszenierung gewesen. Aber das sollte nicht mehr sein.
Dafür
war die Freni die unvergeßliche Elisabeth in „Don Carlos“ und eine
hinreißend schön und gefühlvoll singende „Aida“, der man nicht anhörte,
wie schwer diese Partie (für alle Konkurrentinnen) zu singen ist . . .
Für
Wiener Musikfreunde ist und bleibt diese Künstlerin die Inkarnation der
Mimi. Sie sang freilich auch Puccinis Manon, Verdis Desdemona und die
Amelia in „Simon Boccanegra“; oder die beiden großen
Tschaikowskys-Frauenrollen, Tatjana und Lisa, makellos und berührend.
Regie-Untaten: nicht einmal ignorieren!
Kaum
eine Sängerin hat sich so erfolgreich gegen den in deutschsprachigen
Landen grassierenden Regie-Wahnsinn gestemmt wie sie.
Ex-Intendanten,
die heute behaupten, werkgerechte Inszenierungen würden den Fortschritt
der Gattung Oper bremsenm ließen für sie sogar Bühnenbilder umbauen, wenn sie
befand, diese entsprächen nicht dem, was das Textbuch vorgibt, und
sie setzten selbstverständlich völlig realistische Neuinszenierungen an,
wenn die Freni in einer bestimmten Partie debütieren wollte.
Auch in diesem Sinn gab die vergnügt und jung Gebliebene noch lang nach ihrem Bühnenabschied dem Sängernachwuchs gern sehr
traditionsbewußte, also höchst zukunftstaugliche Ratschläge...