Mirella FRENI
Sie war Karajans "Mimi". Das ist wohl die erste Assoziation, die Opernfreunde mit dem Namen Mirella Frenis haben. In der legendären "Boheme"-Produktion von 1963 wurde sie zur erklärten Favoritin des Wiener Publikums, das ihr noch zu Füßen lag, als sie 1977, anlässlich der Rückkehr Karajans, noch einmal in der gleichen Partie zu erleben war.
So jugendlich, so innig wie ehedem. Die Jugendfrische, der Seelenzauber blieben der Freni über die Jahrzehnte erhalten. So sehr, dass Karajan, ihr favorisierter Maestro, sie noch Anfang der Achtzigerjahre nicht als Alice, sondern als Nanetta für sein "Falstaff"-Remake engagieren wollte.
Das war der Moment, da die Primadonna mit der Engelsstimme zum Dirigenten Nein sagte. Die Mrs. Ford hätte sie gesungen, die Mädchenrolle aber wollte sie nicht mehr bekleiden.
Mit Karajan hatte sie zuvor alles gewagt, auch Ausflüge ins dramatische Fach, die den lyrischen Qualitäten ihres Soprans nichts anhaben konnten: Aus der Micaela in der Salzburger-Festspiel-"Carmen" wurden die Desdemona ("Otello") und die Elisabeth: unvergessen die innere Größe und Erhabenheit ihrer großen Szene am Beginn des letzten "Don Carlos"-Bildes.
Dass diese Frau auf die Bühne gehörte, dass die Bühne ihr Leben sein würde, das war wohl schon den Eltern klar, als Klein-Mirella als Zehnjährige die "Traviata" flötete - schon damals an der Seite ihres langjährigen Partners, Leone Magiera.
Wettbewerbssiege und ein Über-Nacht-Einspringen - in der Rolle besagter Nanetta - unter Carlo Maria Giulini an Londons Covent Garden Opernhaus (1961) brachten den Durchbruch: Seit den frühen Sechzigerjahren war die Freni eine nicht mehr wegzudenkende Größe im internationalen Opernbetrieb, wohlgelitten auch vom allzeit kritischen Publikum der Mailänder Scala, das der italienischen Künstlerin nur die "Traviata" (nach dem Abgang der Callas) nicht abkaufen wollte, im Übrigen aber bis zuletzt gläubig an ihren Lippen hing.