DIE ZWÖLFTON-METHODE

Was ist eine Zwöftonreihe?
Thomas Mann
und 12 Töne
Arnold Schönberg?

Die Anfänge

Als Erfinder der Zwölftonmethode gilt allgemein Arnold Schönberg. Was die Auswirkungen auf die folgenden Jahrzehnte der europäischen und amerikanischen Musikgeschichte betrifft, stimmt das auch.

Allerdings lag ein striktes Schema zur Herstellung der Gleichberechtigung der zwölf Töne der chromatischen Skala damals in der Luft. Auch der Wiener Komponisten Joseph Matthias Hauer beanspruchte der Vater der Zwölftonmethode zu sein. Und Nachfolger des Mysterien-Meisters Alexander Srkjabin in Rußland hatten schon ein wenig früher mit zwölftönigen Systemen gearbeitet.

Bartóks Prophetie

Ein prophetisches Wort veröffentlichte der Ungar Béla Bartók im April 1920 in der damals brandneuen, von Hermann Scherchen zur Förderung der Neuen Musik edierten Zeitschrift Melos. Da heißt es:
Die Musik unser Tage strebt entschieden dem Atonalen zu (...) Die entscheidende Wende begann (...), als man anfing, die Notwendigkeit der Gleichberechtigung der einzelnen Töne unseres Zwölftonsystems zu empfinden. (...), die einzelnen Töne in jeder beliebigen, nicht auf Skalensysteme zurückführbaren, sowohl horizontalen als auch vertikalen Zusammenstellung zu gebrauchen (...) Das Endziel unserer Bestrebungen ist die unbeschränkte und vollständige Ausnutzung des ganzen vorhandenen, möglichen Tonraums.

Schönbergs Landnahme

Um 1920 waren die diesbezüglichen Gedanken auch in Arnold Schönberg zur Reife gelangt. Es war in der Zeit, als er versuchte, sein Oratorium Die Jakobsleiter zu vollenden, als sich der Komponist in einer Sackgassse wähnte. Endlich hatte man sich von den Fesseln der Tonalität befreit und konnte in einem freien Raum arbeiten, da empfand man die gewonnene Freiheit als uferlos: Es galt, die Orientierung im »atonalen« All zu gewinnen.
Langsam, aber sicher kristallisierte sich ein Gedanke heraus, der Schönberg zu endgültigem, wenn auch mißverständlichem Weltruhm verhelfen sollte. Schon die ersten Takte der »Jakobsleiter« bergen ein aus allen Tönen der chromatischen Skala bestehendes Motiv, eine um 1915 entworfene Skizze zu einer (letzlich unausgeführten) Symphonie formuliert für das Scherzo ein aus den zwölf Tönen bestehendes Thema.

Vorherrschaft der deutschen Musik

1921 war es so weit: Schönbergs Adlatus Josef Rufer hat die »Proklamation« der neuen Idee durch seinen Lehrer festgehalten. Sie ist oft zitiert worden:
Ich habe eine Entdeckung gemacht, durch welche die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten 100 Jahre gesichert ist.
Das war die Methode der »Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen«
Schrittweise führte diese der Komponist in sein Werk ein. Die Klavierstücke op. 23, zum Teil während einer höchst erfolgreichen Tournee durch Holland skizziert, enthalten das erste nach der neuen Methode entworfene Werk. Währen die Stücke Nr. 1 bis 4 mit Reihenstrukturen aus bis zu zehn nicht wiederkehrenden Tönen innerhalb einer melodischen Phrase experimentieren, stellt der abschließende Walzer Schönbergs erste echte Zwölftonkomposition dar.