Das »Oktett« (D 803)
für KLarinette, Fagott, Horn, Streichquartett und Kontrabaß
Ein Oktett für Bläser hatte Schubert schon in Jugendjahren für eine Aufführung mit Schulkollegen im Stadtkonvik komponiert (D 72). Von diesem Werk haben sich lediglich zwei Sätze erhalten.
Sein großes Oktett entstand jedoch Anfang 1824 als bewußtes Gegenstück zu Beethovens beliebtem Septett, wie es vermutlich von einem anonymen Auftraggeber bestellt wurde. Das Werk ging Schubert nicht, wie so vieles, leicht von der Hand. Das Manuskript trägt Spuren gründlicher Überarbeitungen und Korrekturen. Anfang März 1824 schreibt Schubert an Freund Schober,
schon lange an einem Oktett mit dem größten Eiferzu arbeiten.
Schober hatte - ebenso wie Leopold Kupelwieser - Wien verlassen, was Schubert in eine tiefe Krise stürzte. Nachdem er erfahren hatte, daß er an der Syphilis erkrankt war, drohte nun auch der Freundekreis vollständig zu zerbrechen. Deshalb finden sich auch im Oktett, das der Form nach ein Nachfolger der großen Mozartschen Divertimenti ist, etliche melancholische und dramatische Partien. Im Variationssatz zitiert Schubert seine Freunde von Salmanka. Das Finale leitet er mit einer düster-drohenden Einleitung ein, die vor dem launigen Schluß wiederkehrt - dafür finden sich zwar bei Mozart Vorbilder, doch gehört das Oktett insgesamt zu den tiefgründisten Kammermusikwerken Schuberts. Es war gerade vollendet, als der Komponist an Kupelwieser schrieb:
Mit einem Wort, ich fühle mich als der unglücklichste, elendste Mensch auf der Welt. Denk Dir einen Menschen, dessen Gesundheit nie mehr richtig werden will, und der aus Verzweiflung darüber die Sache immer schlechter statt besser macht, denke Dir einen Menschen, sage ich, dessen glänzendste Hoffnungen zu Nichte geworden sind, dem das Glück der Liebe und Freundschaft nichts biehten als höchsten Schmerz, dem Begeisterung (wenigstens anregende) für das Schöne zu schwinden droht, und frage Dich, ob das nicht ein elender, unglücklicher Mensch ist?
Aufnahmen
Die gehaltevolle Musik hat immer wieder exquisite Solisten zusammengeführt, um Aufführungen dieses Werks zu erarbeiten und aufzunehmen.Ein Aufnahmeklassiker stammt aus Wien: Das vom philharmonischen Konzertmeister Willi Boskowsky gegründete Wiener Oktett spielt mit dem rechten Zungenschlag auf und läßt hören, was in Wien unter dem Motto
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernstzu verstehen ist. (Decca)
Gidon Kremer hat im Geist seines Festivals von Lockenhaus in den Achtzigerjahre eine hinreißend musikantische Wiedergabe mit erlesenen Kollegen wie Isablle van Keulen, Tabea immermann, Eduard Brunner und Radovan Vlatkovic eingespielt (DG).