Egon Seefehlner
Hofrat mit Kunstverstand
+ September 1997
Egon Seefehlner, einer der erfolgreichsten Opern- und Konzertmanager, ist tot. " Der Hofrat", wie er allseits respektvoll genannt wurde, starb 85jährig in Wien.
Mehr als einmal hat man - auch an dieser Stelle - erklärt, Egon Seefehlner sei vielleicht der erfolgreichste Wiener Operndirektor seit der Wiedereröffnung des Hauses am Ring gewesen. Ein wenig übertüncht wird dadurch das Faktum, daß er schon als Leiter des Wiener Konzerthauses in den fünfziger Jahren Maßstäbe gesetzt hat. Es war diesem kultivierten Geist zuzuschreiben, daß die Musikstadt Wien in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts den Anschluß nicht verpaßte. Die rare Mischung aus wachem Kunstverstand und raffiniertem Verhandlungsgeschick machte Seefehlner, der sich auch als heimlicher Drahtzieher in der Kulturpolitik (nicht zuletzt in der ÖVP-nahen "Österreichischen Kulturvereinigung") betätigte, bald zum Mitarbeiter Herbert von Karajans. Es war auch Seefehlner, dem es gelang, den begehrtesten aller Dirigenten an die Staatsoper zurückzuholen.
Das war 1977, am Höhepunkt einer Spielzeit, die sogleich demonstriert hat, welchen Kurs dieser Direktor steuern würde: In seiner Ära kamen neben Karajan auch Bernstein und Böhm, Kleiber und Leinsdorf, um Premieren oder Repertoireaufführungen zu betreuen. Es erschienen auch internationale Sängerstars häufiger als zuvor.
Und daß etwa Edita Gruberova ein Weltstar mit starker Wien-Bindung werden konnte, war dem Direktor zu verdanken, der die Chance wahrnahm, endlich wieder Belcanto-Opern spielen zu können. Donizetti und Bellini waren mit einem Mal wieder staatsoperntauglich.
Egon Seefehlner, der zuvor im Verein mit Lorin Maazel bereits eine legendäre Ära der Berliner Deutschen Oper geprägt hatte, war sich nicht zu schade, nach dem Kurzzeit-Gastspiel des Dirigenten in Wien noch einmal einzuspringen, um "seiner" Staatsoper über zwei schwere Jahre zu helfen. Er tat es mit der ihm eigenen Diplomatie und dem Geschick wie auch dem dazugehörigen Glück, das ihm immer hold war.
Seine Ära war eine aufregende, oft begeisternde gewesen, das wußte er, als er sich in den verdienten Ruhestand zurückzog. Dieses Selbstbewußtsein schwang auch in seinen oft ironischen Kommentaren mit, die er zu kulturpolitischen Fragen gern abgab. Man hat ihn, das fällt dem Musikfreund auf, der an dieser Stelle Abschiedsworte zu formulieren hat, zu selten gefragt.
Egon Seefehlner hätte auf manche Fragen, die der heutigen Kulturpolitik unlösbar scheinen, Antworten gewußt - und wahrscheinlich manche formuliert, deren Brisanz uns gar nicht bewußt wird. Nicht nur deshalb wird er uns fehlen.