Richard Tucker
1913 - 1975
Zwei der führenden Tenöre der New Yorker Met um die Mitte ds XX. Jahrhunderts kamen aus jüdischen Kantorenfamilien: Richard Tucker und Jan Peerce. Tucker war mit der Schwester des Kollegen verheiratet und saß im Auditorium, als Peerce sein Met-Debüt feierte. Er selbst war noch damit beschäftigt, eine Seidenwarenhandlung in New York zu etablieren. Währenddessen hat er in Synagogen bereits regelmäßig gesungen. Doch die Opernkarriere mußte noch ein wenig warten, zumal Peerce über die tenoralen Ambitionen seines Schwagers wenig erfreut schien. Die Skepsis führte zu einer andauernden Verstimmung. Der General Manager der Metropolitan Opera, Edward Johnson, der auch Peerce engagiert hatte, bat Tucker zu einem Vorsingen, nachdem er ihn als Kantor in der Synagoge gehört hatte. 1945 feierte Tucker sein Met-Debüt als Enzo Grimaldo in Ponchiellis La Gioconda.
Er sollte seinen Schwager in der Publikumsgunst bald überholen, obwohl Peerce zu Arturo Toscaninis bevorzugtem Tenor für NBC-Aufnahmen wurde, was ihn dank der US-weiten Radioübertragungen ungemein populär werden ließ. Doch 1949 war es Tucker, den der Maestro für Aida aufs Podium bat - und diesfalls nicht nur vor die Mikrophone, sondern auch vor die Kameras der NBC; die Vorstellung wurde zur ersten Opern-Übertragung der Geschichte im TV.
In der Folge war Tucker unangefochten der führende Tenor der Metropolitan Opera. Auch wenn Johnsons Nachfolger Rudolf Bing den jungen Giuseppe di Stefano entdeckte und Konkurrenten wie Jussi Björling oder Mario del Monaco konsequent engagierte. Tucker führt die Tenorstatistik jener Met-Jahre an. Seine Beliebtheit steigerte sich noch durch zahlreiche sommerliche Open-Air-Auftritte.
Eine Freundschaft verband Tucker mit seinem Bariton-Kollegen Robert Merrill, mit dem er im Jänner 1975 auf Tournee ging. In
Kalamazoo (Michigan) erlag der Tenor einer Herzattacke, während er in seiner Garderobe auf seinen Auftritt wartete.