7. März 2011

Freud und Leid einer Opernheldin

»Wenn das Orchester zu spielen beginnt, klingt alles ganz natürlich«. Nina Stemme zum Auftakt eines Richard-Strauss-Schwerpunkts der Staatsoper.

Werke von Richard Strauss stehen im Zentrum des Wiener Staatsopern-Spielplans im März. Mit Elektra ist (ab 24. März) das Gipfelwerk jener Schaffensperiode zu erleben, in der der Komponist seinen Zeitgenossen als Rädelsführer der musikalischen Moderne galt. Arabella (ab 18. März) darf als Musterbeispiel für den »abgeklärten« Strauss mit einem Hang zum Walzerton der (nicht mit ihm verwandten) Wiener Strauße gelten.

Den Anfang im Wiener Strauss-Reigen macht aber Ariadne auf Naxos, ein Stück am künstlerischen Scheideweg. Ob »modern« oder »retrospektiv«: Allen Strauss-Opern ist eine ganz spezifische Klangsprache eigen, die auch eine spezielle Singweise von den Darstellern verlangt.

Proben als Eroberungsfeldzug

Nina Stemme, Primadonna der »Ariadne«-Wiederaufnahme (heute, Montag), erzählt: »Für mich ist das so, dass die Stimme bei Strauss wie von selbst strömt.« Allerdings nicht von Anfang an: Die Einstudierarbeit gestaltet sich bei Strauss schwieriger als bei vielen anderen Komponisten des großen Repertoires.

Das liegt wohl vorrangig an der eingangs geschilderten Stellung zwischen Moderne und spätromantischer Reflexion: Ohne die Fülle der Orchesterbegleitung erschließt sich der Sinn des Gesungenen kaum. Die Singstimme ist bei Strauss Teil eines komplizierten harmonischen Gesamtkomplexes. Die gesungenen Töne für sich allein lassen - anders als etwa bei Verdi oder noch beim Strauss-Zeitgenossen Puccini - wenig Sinnhaftigkeit erkennen.

Stemme: »Es dauert angesichts der Harmonien, die ja zum Teil beinahe atonal wirken, wenn man sie nicht in größeren Zusammenhängen hört, sehr lange, bis man die einzelnen Töne hat. Aber der Moment, in dem man nach der letzten Klavier-Hauptprobe zum ersten Mal mit Orchester singt, ist wie eine Offenbarung. Plötzlich denkt man: Warum war das so schwierig? Es ist dann vollkommen natürlich.« Nachsatz: »Wenn man gut studiert ist. Sonst bleibt es schwer.«

Von manchen Strauss-Primadonnenrollen verabschiedet sich Nina Stemme bereits wieder: »Ich habe auch Arabella gesungen, was ich wahrscheinlich nicht mehr machen werde. Sie plaudert viel, und das in einer ziemlich hohen Lage. Und wenn man, wie ich, inzwischen in zwei verschiedenen Produktionen die ,Walküren'-Brünnhilde gesungen hat, dann muss man auf bestimmte Partien wahrscheinlich verzichten.«

Götterdämmerung in den USA

In ihren Eroberungen des Territoriums von Wagners Ring des Nibelungen ist Stemme ja inzwischen dabei, sich die Pfade zur Götterdämmerung freizukämpfen: »Das Debüt kommt demnächst in San Francisco.« Wien wird dann einmal auch alle drei Brünnhilden der Nina Stemme erleben dürfen. Die Staatsoper stand ja am Anfang dieser »Landnahme«. »Am Anfang hat mich nur die Sieglinde interessiert. Aber als ich in Stockholm in einer ,Walküren'-Aufführung neben meiner Freundin Katarina Dalayman stand, während sie die Brünnhilde sang, begann ich zu überlegen.«

Kurz gezögert hat sie dennoch, als die Anfrage von der Staatsoper für Siegfried kam: »Ich hatte mir geschworen, ein solches Debüt nicht in einem so bedeutenden Haus zu machen. Aber weil ich wusste, dass ich mit Franz Welser-Möst zusammenarbeiten kann, habe ich es gewagt.«

Allen Erfolgen zum Trotz: »Allzu viele Brünnhilden werde ich wohl nicht singen. Ich muss ja auf meine Stimme aufpassen.« Und hin und wieder auch Puccini singen, die Tosca - und demnächst auch das Mädchen aus dem goldenen Westen. Auch in Wien!





↑DA CAPO