Elisabeth Söderström
1927 - 2009
Sie gab die Antwort auf die Frage, ob aus Schweden lediglich die großen Wagner-Sopranstimmen kämen - Elisabeth Söderström besaß eine der edelsten lyrischen Stimmen ihrer Generation, ihr Sopran floß wie wertvolles, golden schimmerndes Öl. Die Lehrerin der halb schwedisch- halb russischstämmigen Sängerin, eine Russin, hatte sie eindringlich davor gewarnt, jemals zu dramatische Partien zu singen. Die Stimme möge so bequem dahingleiten wie ein Rolls Royce auf der Autobahn. Daran hat sich Söderström allem Anschein nach gehalten. Seit sie als Zwanzigjährige in einer Aufführung von Mozarts Bastien und Bastienne debütiert hatte, war sie aus dem Musikleben ihrer Heimat nicht wieder wegzudenken. Ihre beherzte Figaro-Susanna wurde zur Legende. Im Rosenkavalier sang sie alle drei großen Frauenpartien, vor allem wurde sie zu einer der führenden Interpretinnen der → Marschallin - Tondokumente ihrer vielen Auftritte an der Oper von Stockholm, wo noch bis in die Siebzigerjahre selbstverständlich auf Schwedisch gesungen wurde, lassen sie in ihren wichtigsten Partien hören, von der Micaela (Carmen) bis zur Fiordiligi (Così fan tutte), von der Traviata bis zur Ellen Orford (Peter Grimes) und vor allem Debussys Mélisande, die sie bereits 1955 in Monte Carlo erstmals gesungen hat und später unter Pierre Boulez' Leitung im Studio realisierte, eine Interpretation von hintergründigem Zuschnitt: Im Gesang der Söderström schwingt stets etwas mit, das den rätselhaften Charakter dieser Frauenfigur hörbar macht.Die New Yorker Metropolitan Opera engagierte die Schwedin schon in den späten Fünfzigerjahren. Von einer Matinee-Vorstellung von Gounods Faust (1959) gibt es einen Mitschnitt in Traumbesetzung: Söderström singt ihre glockenhell tönende Marguerite an der Seite ihres Landsmanns Jussi Björling und von Cesare Siepi als Mephisto. Noch 1983 sang Söderström zur Feier des 100-Jahr-Jubiläums des Hauses die Marschallin im Rosenkavalier-Finale an der Seite von Kathleen Battle und Frederika von Stade.
An der Met absolvierte Söderström 1999 als Gräfin in Tschaikowskys Pique Dame dann auch ihren Bühnenabschied.
Zum Stammhaus war freilich neben Stockholm das intime Theater des Festivals von Glyndebourne geworden, dessen Primadonna Söderström über Jahre hin gewesen ist.
Auf dem Konzertpodium schätzte man die Sängerin mit dem edelmetallischen Strahl in der Stimme für sensible Interpretationen auch heikleren Repertoires: Mit Tom Krause und Vladimir Ashkenazy ging sie ins Studio, um sämtliche Lieder von Jean Sibelius - zum Teil erstmals - für Schallplatte aufzunehmen, eine in jeder Hinsicht maßstabsetzende Edition. Mit Ashkenazy nahm sie verdienstvollerweise auch alle Lieder von Frßédéric Chopin auf. In Wien blieb eine exzellente Aufführung von Alban Bergs Altenbergliedern in Erinnerung, von der immerhin ein Rundfunkmitschnitt exisitieren müßte...
Das war in den Siebzigerjahren, als die Sängerin mit den Wiener Philharmonikern unter Charles Mackerras eine vielgerühmte Aufnahmeserie der Oper von Leoš Janáček machte (Decca), die ihren Sopran schon in der Nachblüte, aber bei ungebrochener Ausdruckskraft hören läßt.
In glänzender Besetzung realisierte Carlo Maria Giulini 1961 in London eine konzertante Aufführung von Mozarts Figaro. Hier brillierte Soederstoem neben Elisabeth Schwarzkopf und Teresa Berganza. Einige Jahre später hat sie in Otto Klemperers Figaro-Studioproduktion die Gräfin gesungen mit einem feinen Gespür für Zwischentöne, die zu entwickeln ihr die breiten Tempi des Dirigenten genügen Zeit geben - ohne ihr den Atem zu rauben: Die Technik dieser Sängerin war makellos.