Léopold Simoneau

1918-2006

Eine der herausragenden Tenorstimmen des XX. Jahrhunderts, leider unzureichend dokumentiert. Was von dem Kanadier erhalten ist, läßt eine ungemein schöne, nuancenreich und subtil geführte Stimme hören, die von den Mozart-Partien bis hin zu Offenbachs Hoffmann singuläre, weil stets menschlich anrührende, dabei technisch makellose Interpretationen lieferte, erhaben dank dieser Balance über die meisten Konkurrenten, die in der Regel entweder dem dramatischen Ausdruck oder der artifiziellen Stimmbeherrschung den Vorrang einräumten, beziehungsweise einräumen mußten.

Aufnahmen

Ein Glück, daß Simoneau bei Herbert von Karajans einzigem, dafür mit Seiltänzer-Geschick geglückten Versuch mit Così fan tutte dabei war. Schade, daß er für seinen ungemein agilen, die Doppelbödigkeit der Figur charakterisierenden Hoffmann keine guten partnerinnen zur Seite gesellt bekam (epic), oder daß die Don Giovanni-Besetzung unter Rudolf Moralt allzu ungleichgewichtig ausgefallen ist (Philips)

Es ist angemerkt worden, daß Simoneaus Deutsch auf den Aufnahmen der Zauberflöte (unter Böhm/Decca) und der Entführung aus dem Serail (unter Beecham/HMV) mangelhaft ist - die Stimmführung ist jeweils fabelhaft.

Keine Zweifel kann es geben über die Vollendung von Simoneaus Lied-Aufnahmen aus dem französischen Repertoire: Seine teilweise weltweit erstmals für Schallplatten gesungenen Interpretationen von Liedern Henri Duparcs gehören zu den Meilensteinen der Aufnahmegeschichte. (Westminster)

Simoneaus große Kunst läßt sich am besten mit der Aufnahme von Bizets Perlenfischern - an der Seite seiner Studienkollegin und späteren Ehefrau Pierette Alarie - unter Jean Fournets Leitung demonstrieren (Philips), in der er schon dank seiner Piano- (oder besser: Pianissimo-)Kultur jeden Konkurrenten aus dem Feld schlägt. Hörenswert als wunderbar geglücktes Beispiel für die Gluck-Rezeption vor der Originalklang-Ära die Aufnahme der französischen Version von Orpheus und Eurydike (mit Suzanne Danco und wiederum Alarie) unter Hans Rosbaud. (Philips)

Simoneau, der nach Anfängen in Kanada auch Europa - von de Pariser Opéra-Comique aus - eroberte und ab dem Mozartjahr 1956 auch bei den Salzburger Festspielen sang - zog sich 1970 von den internationalen Bühnen zurück, unterrichtete und widmete sich auch kulturpolitischen Agenden. In dieser Eigenschaft beteiligte er sich Ende der Sechzigerjahre sogar an der kanadischen Regierung. Er war auch mitbegründer der Opéra du Québec, zog sich aber von deren Leitung kurz nach der Eröffnung des Spielbetriebs wieder zurück.







DA CAPO