Jeanette Pilou

1937 - 2020

Geboren im damals noch westlich-urban geprägten ägyptischen Alexandria, wechselte die Tochter griechischer Eltern nach ersten Studien in ihrer Heimatstadt nach Italien, wo sie 1959 als Violetta in Verdis Traviata ihr Bühnendebüt feierte (im Mailänder Teatro Smeraldo). Die Karriere führte die bezaubernde Charakterdarstellerin mit der silbrig-hellen, beweglichen Sopranstimme bald an die ersten Häuser: 1964 debütierte sie als Mimi in Wien, 1967 als Juliette in New York. Ihre Partien reichten von Mozarts Susanna bis zu Puccinis Butterfly. Die schönsten Erfolge feierte sie in lyrischen Rollen wie der Micaela - ein Livemitschnitt der von Lorin Maazel dirigierten Carmen-Premiere an der Seite von Christa Ludwig dokumentiert die Ausdruckskraft von Pilous Stimme, die bei aller gebotenen Zartheit niemals leichtgewichtig klang. Ein Handicap für die große Karriere, die diese Sängerin angesichts ihrer eminenten Bühnenpräsenz hätte machen können, war die technisch nicht hunterprozentig sicher gestützte Höhe. An Giacomo Aragalls Seite war sie - ein Höhepunkt in der jüngeren Wiener Operngeschichte - dennoch eine hinreißende Massenet-Manon, die bei aller expressiv-lyrischen Durchdirndgung der Partie auch die Anforderungen der koloraturgespickten Szene am Cours-la-Reine theatralisch meisterhaft zu nutzen verstand. Im übrigen gibt es von dieser Künstlerin wenige offizielle CD-Titel. Einige Streming-Dienste bieten Pilous Solo-Album Chemins d'amour, das - leider zum Teil technisch miserable Livemitschnitte von Szenen aus Pilous Repertoire von Mozart (Figaro und Don Giovanni) über französische Meister bis Donizetti (besonders diszipliniert und fein gedrechselt: Elisir d'amore), Verdi (La traviata und Otello), Leoncavallo (Bajazzo mit Jon Vickers) und Puccini (Manon Lescaut, Bohème, Rondine, Butterfly) dokumentiert, aber auch Lieder von Poulenc und Debussy enthält.


↑DA CAPO