Monte Pederson

1958 - 2001

Gespräche mit dem amerikanischen Bariton und Wiener Ensemble-Mitglied im Juli 1992

"O ja, ich hab' gerade wieder einen netten Brief und Schokolade bekommen", antwortet Monte Pederson auf die Frage, ob er schon über eine echte Fangemeinde in Wien verfüge.

Das Opernpublikum hat den Amerikaner schnell und, wie es scheint, dauerhaft ins Herz geschlossen. Der Applaus, den er nach seinen Auftritten erhält, ist schon von jener spürbaren Freundlichkeit, die nur erklärten Lieblingen im Haus am Ring zu Teil wird.

Pederson, ein junger Mann, gerade 33, mit wirklich kraftvollem Heldenbariton, ersang sich diese Zuneigung spätestens mit seinem fulminanten Jochanaan an der Seite Mara Zampieris zu Beginn der abgelaufenen Saison. Er zählt zu jenen Mitgliedern des von Eberhard Waechter und Ioan Holender engagierten "neuen Ensembles", denen die nötige Integration sofort geglückt ist.

An der Wiege war ihm diese Karriere gewiß nicht gesungen: "Monte, mein Vorname, ist eigentlich eine Erinnerung an einen berühmten Cowboy." Ganz wie's dem Horizont eines kleines Dorfes im Staate Washington entspricht, wo Pederson herkommt. Oper kennt man dort bestenfalls vom Hörensagen.

Wenn einer, wie Pederson es war, musikbegeistert ist, dann studiert er eben Posaune, um in einer der örtlichen Marching Bands mitzuspielen. "Da haben wir", erinnert sich der Sänger, "schon auch ein paar klassische Nummern in Arrangements gespielt. Aber mein erster richtiger Kontakt mit Klassik war im Chor."

Dort hat man auch seine Stimme entdeckt und ihm zugeredet, sich ausbilden zu lassen. "Von meinem Bruder habe ich mir Geld geborgt, um nach San Francisco zu gehen." Im Chor war Monte Pederson engagiert. Hier hat er das Opernleben kennen gelernt.

Seine erste große Solopartie war der Fliegende Holländer. "Die haben mich am Vormittag angerufen und mir gesagt: Heute abend mußt Du singen. Es ist gut gegangen, phantastisch sogar." Mit dem Holländer eroberte er sich folgerichtig zuerst die amerikanischen, dann auch die europäischen Häuser.

Bevor er den Vertrag mit Wien unterschrieb, der ihn für sechs Monate im Jahr an die Staatsoper bindet, war er für die Direktoren der Mailänder Scala und anderer großer Häuser ein bekannter Name, der häufig für Soloauftritte engagiert wird. Bei den Salzburger Festspielen debütiert er heuer in Janaeks "Totenhaus"; in Berlin singt er in "Unter den Linden" den Jochanaan; in Paris, Köln und weiterhin in Mailand hat er Gastverträge unterschrieben.

Es wäre kein Problem für Monte Pederson, ohne fixe Bindung an ein Haus eine große Karriere zu machen. Daß er trotzdem sein Engagement in Wien bis 1995 verlängert hat, erklärt er so: "Es ist einfach auch eine gute Visitenkarte, wenn man sagen kann, man ist Mitglied der Wiener Staatsoper". Im übrigen sei das Zusammengehörigkeitsgefühl in einem Ensemble nicht zu verachten, das sich in Wien jetzt langsam wieder einstellt. Nicht nur, was die Schokolade betrifft, die von den Fans verteilt wird.

45 Abende pro Jahr wird Pederson in Hinkunft in Wien singen. "In der kommenden Saison wird es für mich schon leichter. Heuer waren da ungeheuer viele Rollendebüts. Zehn Rollen in vier Monaten. Wir waren allerdings von Anfang an selektiv, haben nur Partien angesetzt, die gut für meine Stimme, für die Entwicklung und für mein Repertoire waren. In der kommenden Spielzeit kommen noch Escamillo dazu, der Donner im Rheingold und der Gunther in der Götterdämmerung."

Seine großen Lehrer waren Hans Hotter, Regine Crespin und Paolo Montarsolo. Vor allem mit Hotter pflegt Pederson heute noch intensiven Kontakt. "Er hat mich an die großen Häuser vermittelt und auch nach Europa gebracht. Ich studiere viel mit ihm."

Dem Lied hat sich Pederson trotz dieses großen Vorbilds nur in den ersten Jahren seiner Karriere zugewandt: "Seit drei, vier Jahren mache ich das nicht mehr, obwohl ich zugeben muß, daß Lieder zu singen sehr gesund für die Stimme ist. Aber auch schwierig: Man steht ja ganz nackt vor dem Publikum". Dieser Respekt vor der Gattung Liedgesang hält Pederson davon ab, sich zu früh an Schubert oder Schumann zu wagen: "Ich würde schon gern. Aber wo könnte ich mich jetzt trauen, einen Liederabend zu geben?"

Daß man ihm heute, nach seinen spektakulären Opernerfolgen, anders, kritischer zuhören wird als noch vor einiger Zeit, versteht sich. Monte Pederson ist berühmt geworden. Die Erwartungen an ihn sind hochgesteckt. Nicht nur das Wiener Publikum wird seine Karriere weiterhin aufmerksam verfolgen; und ihn mit Schokolade verwöhnen.



DA CAPO