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18. Dezember 2006

Netrebko besiegt Placido Domingo

Nicht nur an der Mailänder Scala wird gebuht! Wirbel in der Oper gibt es öfter, etwa an der »Met«.

Zuletzt drückte Roberto Alagna auf die Tränendrüse. Während in der Mailänder Scala »Aida« gegeben wurde, sang er, bestaunt von einigen Schau- und Hörlustigen Fragmente aus Puccinis »Madame Butterfly« vor dem Haupteingang und schoss mit seinem Mobiltelefon Fotos von dem Musentempel, in dem er vor kurzem einen spektakulären Abgang inszeniert hatte.

Weil ihn einige Opernfans wegen seiner Leistung als Radames in der Neuinszenierung der Verdi-Oper durch Franco Zeffirelli bei der Premiere am 10. Dezember ausgebuht hatten, verließ der Tenor während der Vorstellung die Bühne. Das sorgte international für Schlagzeilen und wird einen Prozess nach sich ziehen. Scala-Chef Stephane Lissner wird Alagna klagen.

Der meinte deshalb: »Ich muss dieses Haus, das ich so liebe, fotografieren. Wer weiß, wann ich es wiedersehe.« Ehefrau Angela Gheorghiu nahm Alagna inzwischen in Schutz. Er habe sich unwohl gefühlt und deshalb die Bühne verlassen. Spannend wird sein, ob die Gheorghiu im Frühjahr an der Scala erscheinen wird. Sie ist als Violetta in Verdis »Traviata« angesetzt.

Die Affäre Alagna ist übrigens kein Einzelfall. Derzeit geht es rund in den großen internationalen Opernhäusern. Jüngst haben die amerikanischen Opernfreunde Placido Domingo heftig ausgebuht. Und schuld daran ist noch dazu niemand Geringerer als Anna Netrebko!

Die neue Diva sang die Mimi in Puccinis »Boheme« mit der ihr eigenen - und bei einer typischen »Rubato«-Oper wie dieser in Maßen wohl auch gehörigen - Freiheit. Placido Domingo aber, längst nicht mehr der Rudolfo an der Seite der Protagonistin (deren tenoraler Liebhaber ist selbstverständlich Rolando Villazon), sondern der Maestro im Orchestergraben, schwang seinen Takt-Stock rigid im vorgegebenen Takt. Woraus ein gewisses Kontrastverhältnis zwischen Instrumentalklang und Singstimme resultierte, das vom Publikum der New Yorker Metropolitan Opera nicht goutiert wurde.

Es schrieb die Schuld allein auf Domingos Konto und empfing ihn bei seinem Erscheinen am Pult nach der Pause mit heftigen Missfallensbezeugungen. Anders als Alagna verließ Domingo, ganz Profi, dennoch nicht die Walstatt, sondern trotzte den ungnädigen Hörern programmgemäß bis zum Schlussakkord der Oper.



↑DA CAPO

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